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werden, heute wollen wir fidel sein, alter Knabe, denn ich
kann's mir leisten.“
„Wie ich mir's gedacht habe. Du Teufelskerl wirst
irgend eine alte, unbekannte Tante beerbt haben, deren
vollgepfropfte Strümpfe nun in deine Taschen gewandert
sind. Na, die Sache wird schon schief gehen, nur nicht
grob sein, immer leise, ohne Aufregung.“
Zipfel setzte sich zu seinem Gast und füllte die Gläser.
„Nun heraus mit der Sprache, du weißt, daß ich niemals
aus der Schule plaudere.“
„Es gehen große Dinge vor, alter Knabe, du wirst
dich wundern,“ gab Kaulmann zurück. „Weißt du, du
könntest Frau Jakob ein Fläschchen von diesem Likör rüber—
schicken. Sende ihr gleich ein halbes Dutzend Flaschen bay—
risch Bier und ein paar große Weißen mit. Laß ihr sagen,
Kaulmann wünsche, daß sie auf sein Wohl sich etwas zu
gute tun möchten.“
„Jette, Jette!“ rief Papa Zipfel sofort über den Laden—
tisch. Die dicke Köchin erschien, und fünf Minuten darauf
trottete sie mit einem flaschengefüllten Korb die Hinter—
treppe hinauf.
Das wandelnde Rechtsbureau kam fröstelnd von der
Straße herunter. Sofort rief Kaulmann: „Morjen Herr
Linksanwalt, hierher, Platz nehmen! Ein Glas, Zipfel!“
„Komme wie ein deus ex machina, wenn mich meine
Kalkulation nicht täuscht,“ meinte Düstergang und spielte
dann ebenfalls den Erstaunten. „O, was muß ich sehen,
unser verehrter Freund, Herr Kaulmann, in so ausgezeich-
neter, nobler Toilette? Es ist das ein easus, den ich stets
vorhergesehen hatte. Sie werden sich entsinnen, geehrter
Herr Kaulmann, daß ich stets der Ansicht war, der Erfolg
Ihres redlichen Strebens könne eines Tages nicht aus—
bleiben. — Ein delikater Likör, man müßte ihn ansingen,
wenn er nicht bereits patentiert wäre.“ Er setzte das geleerte
Glas wiederholt an die Lippen, um nach dem allerletzten
Tropfen zu suchen. „Wenn Sie erlauben, fülle ich mir noch
ein Gläschen“