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Vierzehntes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

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gewesen, eine feste Stellung zu suchen, aber der Fluch der 
bösen Tat verfolgte ihn auf Schritt und Tritt. Einmal 
schien sein rastloses Bestreben von Erfolg begleitet zu sein. 
Man hatte ihm einen Platz in einer Werkstatt für Her— 
stellung von Eisenbahnmaterial angewiesen. Drei Tage 
lang hatte er wortlos, nur ganz seiner Arbeit lebend, den 
Stahl rasseln lassen, als das Hänseln begann. Einer der 
Kollegen hatte plötzlich eine alte Geschichte aufgewärmt. 
Das war also jener Merk von Borsig, der damals seinemGe— 
nossen Jakob mit einem einzigen Schlage das Lebenslicht 
ausgeblasen hatte? „Hm“ —. Man sah sich an und warf 
bedeutungsvolle Blicke auf den schweigsamen Mann, aus 
dessen Miene man das böse Gewissen deutlich zu lesen 
glaubte. Merk hätte schwerhörig sein müssen, wenn er nicht 
aus den Gesprächen, die rechts und links geführt wurden, 
die Absicht gemerkt hätte, ihn zum Mittelpunkt von allerle— 
Anzüglichkeiten zu machen, die ätzendes Gift in die neu auf⸗ 
gerissene Wunde träufelten. Aber er biß die Zähne zu— 
sammen. Als man merkte, daß er für die Sticheleien nur 
taube Ohren hatte, drückte man seinen Arger dadurch aus, 
daß man deutlicher wurde. Man arbeitete überhaupt nur 
dreiviertel Tag, der Akkord wurde schlecht bezahlt, und so 
war man ärgerlich, mit solch einem Menschen, der das 
Kainszeichen trug, in ein und derselben Bude zu stehen. 
So fing man an, vom „armen Jakob“ zu sprechen, der früh— 
zeitig ins Gras hatte beißen müssen. „Merk' dir das,“ 
sagte ein Gereizter zu seinem Nebenmaunn. Das machte 
den Kelch voll. Merk wartete den Lohntag ab, um frei her⸗ 
aus zu sagen, wie die Dinge stünden, und daß er seinen Platz 
aufgeben müsse. Man bat ihn nicht lange. Man sei ja mit 
seiner Arbeit zufrieden und habe gesehen, daß man es mit 
einem fleißigen Arbeiter zu tun habe, der seine Sache 
gründlich verstehe, aber man finde es besser, wenn die Sache 
sich in Guͤte auflöse. Wenn da ein Sündenbock sei, der irgend 
etwas ausgefressen habe, so gebe es immer Zwist und 
Krakeel in einer Werkstatt. 
Merk ging mit dem Gefühl, daß das Mal auf der Stirn
	        
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