348 —
hatte. Wahrhaftig, das war die entsetzlichste Höhle der
nackten Armut, die man sich nur denken konnte. Es war
wieder die alte Stickluft, die Rosa plötzlich atmete und die
sie mit Gewalt hinausdrängte in die Sphäre ihrer Gemein—
heit, in der die Brust sich wenigstens freier heben und
senken durfte. In dieser Umgebun Ite jedes reine Ge—
fühl mit Gewalt im Keime er“. werden.
Ob sie Kaulmann wecken solle, meinte Frau Jakob.
Und als Rosa noch nicht mit sich einig war, ob sie ja oder nein
sagen sollte, war ihre Mut!er auf ihren ausgetretenen
Schuhen nach der Ecke 5.5 strich die eine Seite des
Vorhangs zurück und ri Ar, die Offnung:
„Kaulmann, werden Sic Arter, es ist Besuch hier.
Rosa ist angekemtmen, hören Sie? Schütteln Sie die
Federn ab und Lommer Gic.
Als sie ein leichtes ummen vernahm, wollte sie sich
die Gelegenhcit wicht entgehen lassen. Sie beugte sich nieder
und rüttelte n ihm. „Sie sollen aufstehen, Rosa ist hier.“
„Ja — 7 was denn? Noch halb schlaftrunken erhob
den Kopf. Frau Jakob wiederholte ihre Mahnungen.
Nach einer Weile zeigte sich Kaulmanns lange Gestalt
mit verschlafenem Gesicht und wirrem Haar vor den zu—
sammengesteckten Tüchern. Erst war er von dem Licht so ge—
blendet, daß er sich die Augen reiben mußte. Dann erblickte
er Rosa, und nun schämte er sich seines augenblicklichen
Aufzuges. Er verschwand sofort wieder in seinem „Schlaf⸗
zimmer“ und kam dann mit einem Rock bekleidet abermals
hervor. Ganz verlegen reichte er Rosa die Hand und bat
auf wenige Augenblicke um Entschuldigung. Er müsse sich
erst „anständig“ machen. Er ging nach dem kalten Flur
hinaus, um sich zu waschen und zu kämmen. Mit klaren
Augen kehrte er dann zurück, setzte sich, wie damals, Rosa
gegenüber und blickte sie ebenso prüfend an.
Rosa entsann sich plötzlich des Zweckes, der sie hierher
geführt hatte. Sie wollte es mit diesem Bären nicht gleich
von vornherein verderben, bevor sie ihn nicht für sich ge—
wonnen hatte. Sie zeigte sich von der liebenswürdigsten