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Sofa aus groß aufgeblickt und ihm erstaunt zugehört. Dann
lachte sie laut auf und sagte:
„Wissen Sie, ich habe mir eigentlich nie so recht viel
aus ihm gemacht. Er war ja immer ganz nett und gut,
aber doch immer zu steif und zu hölzern. Dieses ewige
Herausbeißen des Offiziers fand ich manchmal gräßlich.
Darum wollen wir uns also keine grauen Haare wachsen
lassen! Wissen Sie was? Jetzt lasse ich Tee von meiner
Wirtin brühen, und dann werden Sie mir gefälligst noch
ein halbes Stündchen Gesellschaft leisten.“
Rosenstiel fand sie im Augenblick bezaubernd. Sie trug
—DDD
Frau, in sanften Wellen an die Stirn gedrückt. Ein schwarzes
Kleid umschloß ihre zarte Büste bis zum Hals und zeigte
als einzigen Schmuck eine goldfarbene Spitzenkrause. Unter
den geschlitzten Armeln machten sich die blendenden, vollen
Unterarme sichtbar, die sie übereinander geschlagen hatte.
So, in die Ecke zurückgelehnt, das weiße Gesicht hell von
der Lampe beschienen, blickte sie ihn verführerisch an. Das
war immer noch das alte Kindergesicht mit dem kleinen,
roten Mund und dem zierlichen Näschen, aus dem die
großen Augen so fromm und so gut in die Welt geschaut
hatten, als sie noch des Eisendrehers Merk größter Stolz
war und wie eine züchtige kleine Haussrau ihre Geschwister
hegte und pflegte. Aber dieses Gesicht zeigte bereits jene
durchsichtige, wie krankhaft aussehende Blässe, die immer
das Erkennungszeichen einer Gefallenen bildet.
Rosenstiel stellte im Augenblick Vergleiche zwischen ihr
und Rosa an. Wie gemein erschien ihm nicht die letztere
gegen diesen Engel.
„Aber Sie werden sich das jedenfalls wirklich nicht sehr
zu Herzen nehmen, nicht wahr, Magda?“
Sie lachte abermals. „Reden wir doch nicht mehr da⸗
von. Kommst mir aus den Augen, kommst mir aus dem
Sinn. Ja, wenn ich ihm wirklich gut gewesen wäre, dann —
So aber —.“
Sie war aufgestanden und rauschte an ihm vorüber,