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Leuten gehörte, die in den Tag hinein leben, immer nur
an das heute, aber niemals an das morgen denken. Das
Resultat dieser neuesten Verhandlung war, daß Egon zwei⸗
tausend Mark bekam und dafür dreitausend schreiben mußte.
Das geschah wieder durch die indirekte Vermittelung
Joachimsthals.
Bei diesem Besuche Rollerfeldes bei Rosenstiel kam er
auch auf Magda zu sprechen. Seine ganze Gutmütigkeit
kam dabei zum Vorschein. Das Mädchen tue ihm leid,
meinte er, aber es vertrage sich doch nicht mit seiner mora⸗
lischen Würde als verlobter Bräutigam, noch ein derartiges
Verhältnis fortzusetzen. Er möchte auf irgend eine an—
ständige Art und Weise von der Kleinen loszukommen su—
chen. Er möchte auch irgend etwas für sie tun. Sie sei wirk—
lich ein gutes Kind, das noch nicht so verderbt sei wie andere
Mädchen ihres Schlages. Ob Rosenstiel ihm nicht den
Freundschaftsdienst leisten wolle, Magda auseinanderzu—
setzen, daß es ihm unmöglich sei, noch fernerhin die Liaison
sortzusetzen? Er wolle gern nach wie vor, so lange er ledig
sei, ihr eine kleine monatliche Unterstützung zuteil werden
lassen, damit sie den materiellen Verlust nicht so fühle.
Rosenstiel schien das immerhin Auffallende dieses son—
derbaren Anerbietens gar nicht zu bemerken. Er ging merk—
würdig rasch darauf ein. „Wenn's weiter nichts ist, lieber
Freund! Deshalb keine Kopfschmerzen. So was macht
sich leicht.“
Es hatte sich denn auch wirklich sehr leicht gemacht,
zu seinem eigenen Vorteil. O, die Geliebte eines Offiziers
war immer noch gut genug, die eines kleinen Bankiers
zu werden. Als Rosenstiel eines Abends Magda in ihrem
Zimmer überraschte, erfüllte er seine Mission ausgezeichnet.
Er bedauerte sie lebhast und gab sich die möglichste Mübe,
Rollerfelde als einen ganz undankbaren Menschen hinzu—
stellen, der unter allen Umständen die Verachtung seiner
hintergangenen Geliebten verdiene.
Zu seinem Ergötzen schien sich Magda gar nicht so über
diese Bosschaft aufzuregen. Erst hatte sie allerdings vom
War KNretzer. Die Verkommenen. 22