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kam es wie eine teufelische Lust, sich nach den Eindrücken
der letzten Minuten durch irgend etwas Luft zu machen
Jude!“ preßte er hervor.
Sirach blickte in das entstellte Gesicht, er sah in die lo—
dernden Augen, er sah auch die zuckenden Lippen seines
Freundes, und er trat einen Schritt zurück. Er war bleich
gewor den.
„Sieh um dich,“ sagte Schwarz bebend, „das sind
deine Freunde, die dich groß machen werden, denn du bist
ein Jude. Sie werden dich auf ihren Schild heben, denn
sie betrachten dich als einen der ihrigen. Das stärkt ihre
Macht, ziert ihren Staat im Staate. Aber ihr seid vater⸗
landslos, ich habe es heute empfunden. Ihr seid nicht zu⸗
gehörig zu uns, denn ihr betrachtet die deutsche ehrliche und
saure Arbeit wie die Arbeit von bezahlten Sklaven, die euch
fremd, weil sie nicht eures Blutes sind. Geh' nur zu deinem
Baruch, und nenne ihm nur meinen Namen, er wird schon
wissen.“
Er lachte laut auf und fuhr dann fort: „Geh' nur,
laß dich verhätscheln, laß dir schmeicheln, laß dir Honig
um den Mund schmieren. Mache Verbeugungen, küsse die
Hände, treibe Speichelleckereien. Sprich immer von dir,
richte es immer so ein, daß man dich nie übersieht und setze
andere wissentlich herab. Wuchere und schachere mit deiner
Gottesgabe, schlag' auf die Schellenkappen, daß sie laut
klingen, und erniedrige dich zum Krämer, der mit der Kunst
handeln geht. Dann wird man von allen Seiten in die
Posaune stoßen und die Reklametrommel für dich rühren.
Du wirst ein großer Mann werden, und denen du es zu
verdanken hast, sind diese hier. Ich sage nochmals, blid'
um dich, — Jude!“
Sirach sah in das verstörte Gesicht Schwarzens, und ihm
war es, als hätte er jetzt die Etklärung für dessen Benehmen.
Er entsann sich, daß er mehrmals den Namen Baruch ge⸗
hört hatte, wenn die Mäntelnäherin ihn in Verbindung mit
ihrer schweren, sauren und schlecht bezahlten Arbeit brachte.
So ahnte er den Zusammenhang. Er richtete seine klugen