Path:
Drittes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

324 
kam es wie eine teufelische Lust, sich nach den Eindrücken 
der letzten Minuten durch irgend etwas Luft zu machen 
Jude!“ preßte er hervor. 
Sirach blickte in das entstellte Gesicht, er sah in die lo— 
dernden Augen, er sah auch die zuckenden Lippen seines 
Freundes, und er trat einen Schritt zurück. Er war bleich 
gewor den. 
„Sieh um dich,“ sagte Schwarz bebend, „das sind 
deine Freunde, die dich groß machen werden, denn du bist 
ein Jude. Sie werden dich auf ihren Schild heben, denn 
sie betrachten dich als einen der ihrigen. Das stärkt ihre 
Macht, ziert ihren Staat im Staate. Aber ihr seid vater⸗ 
landslos, ich habe es heute empfunden. Ihr seid nicht zu⸗ 
gehörig zu uns, denn ihr betrachtet die deutsche ehrliche und 
saure Arbeit wie die Arbeit von bezahlten Sklaven, die euch 
fremd, weil sie nicht eures Blutes sind. Geh' nur zu deinem 
Baruch, und nenne ihm nur meinen Namen, er wird schon 
wissen.“ 
Er lachte laut auf und fuhr dann fort: „Geh' nur, 
laß dich verhätscheln, laß dir schmeicheln, laß dir Honig 
um den Mund schmieren. Mache Verbeugungen, küsse die 
Hände, treibe Speichelleckereien. Sprich immer von dir, 
richte es immer so ein, daß man dich nie übersieht und setze 
andere wissentlich herab. Wuchere und schachere mit deiner 
Gottesgabe, schlag' auf die Schellenkappen, daß sie laut 
klingen, und erniedrige dich zum Krämer, der mit der Kunst 
handeln geht. Dann wird man von allen Seiten in die 
Posaune stoßen und die Reklametrommel für dich rühren. 
Du wirst ein großer Mann werden, und denen du es zu 
verdanken hast, sind diese hier. Ich sage nochmals, blid' 
um dich, — Jude!“ 
Sirach sah in das verstörte Gesicht Schwarzens, und ihm 
war es, als hätte er jetzt die Etklärung für dessen Benehmen. 
Er entsann sich, daß er mehrmals den Namen Baruch ge⸗ 
hört hatte, wenn die Mäntelnäherin ihn in Verbindung mit 
ihrer schweren, sauren und schlecht bezahlten Arbeit brachte. 
So ahnte er den Zusammenhang. Er richtete seine klugen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.