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dakten. Er verlor alles Vertrauen zu sich, verstand sein
eigenes Werk nicht zu schätzen. Er hatte das Gefühl, als
hätte er lange Zeit auf etwas verschwendet, das der künst—
lerischen Reife entbehre. Das Mißtrauen gegen sich selbst
peinigte ihn. Mehr als einmal war er nahe daran, das Werk
dem Feuer zu übergeben, dann vergrub er es unter Bü—
chern, um an dasManuskript nicht mehr erinnert zu werden.
Selbst zu Dagobert Fisch, dem er alles anvertraute, wagte
er nicht von seiner Schöpfung zu sprechen, aus Furcht,
der Exphilologe könnte nach dem Lesen ihm allen Glauben
rauben. In dieser seelischen Pein suchte er Vergessen in
der Romanfabrik Herrn Rentels. „Brot, Brot!“ war der
Ruf, der ihm mit Gewalt die Feder zur Entwürdigung sei—
ner selbst in die Hand drückte.
Dann kam eine Zeit, in der Oskar insofern sich mit
den alten, reinen Illusionen tragen durfte, als er in nähere
Beziehung zu einem Manne trat, von dessen großem Ein—
fluß auf die Presse naive Gemüter vollständig überzeugt
waren. Schwarz machte nämlich die Bekanntschaft des
Herrn Joachim Joachimsthal.
Die berühmte Gattin des bedeutenden Journalisten
hatte in ihrer neuesten literarischen Leistung „Magdalena
oder ein gebrochenes Frauenherz, oder die Nachtfalter von
Berlin“, nicht das gehalten, was Rentel erwartet hatte. Beim
fünfzigsten Hefte war ihre Phantasie bereits erlahmt, so—
daß ein Wust von Unwahrscheinlichkeiten durch ihre Feder
zum Vorschein kam, der nach Rentels Ansicht bisher einzig
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seiner Kolportenrc einlaufenden Klagen diverser Küchen—
feen und Arbeiterfrauen als durchaus gerechtfertigt er—
scheinen lasse. Auch in rein buchhändlerischer Beziehung
hatte unser Verleger Veranlassung, den Tag des Kontraktab—
schlusses als einen für ihn höchst unglücklichen zu betrachten.
Frau Selma vermochte eines Tages die pünktliche Lie—
ferung ihres Manufkriptteiles nicht mehr innezuhalten, was
nur eine Folge der völlig veränderten Lebensweise war,
der sich das Ehepaar Zogchimsthal hingegeben hatte. Frau