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nügt schon, um die Spannung zu erwecken. Dann malen
Sie die Szene, wo das Pferd scheut, eine Zigeunerin er⸗
hebt sich und warnt Lord Egerston. Er verlacht sie und
schlägt mit der Reitpeitsche nach ihr. Sie verflucht ihn und
stößt ein entsetzliches Lachen aus. Blitz und Donner müssen
wieder erscheinen und krachen. Das muß im ganzen min⸗
destens zwölf Seiten geben. Wenn er im Schlosse ange—
langt ist, sagen Sie es mir, ich werde Ihnen weitere In⸗
struktionen geben. — Na, wirklich kein Schlückchen?“
Man hörte ein Geräusch an der Tür, und die Federn
glitten über das Papier.
Nach zwei Monaten hatte Werner Rentel die sehr er—
freuliche Erfahrung gemacht, daß die neue, junge Kraft,
die seine spekulative Kunst ihm erworben hatte, sich vor⸗
trefflich bewährte. Schwarz schrieb die ihm von Fisch zur
Bearbeitung anvertrauten Kapitel zur völligen Zufrieden—
heit des Verlegers. Wenn diese Entwickelung so weiter
ging, dann durfte Rentel hoffen, binnen kurzer Zeit aus der
Feder seines Schützlings ein völlig selbständiges Werk zu
erhaͤlten. Er versäumte denn auch nie, zur Anfeuerung ein
stetes Lob zu äußern, das in seinem Refrain immer fol⸗
gendermaßen lautete: „Sie machen erfreuliche Fortschritte,
mein lieber Herr Schwarz, man merkt, Sie bekommen Rou⸗
tine. Fahren Sie fort, dann sprechen wir demnächst aus⸗
führlich über das Erscheinen Ihrer Novellen. Verstehen
Sie?“ Dieses „demnächst“ dehnte sich zwar auf die Dauer
etwas lange aus, aber Herr Werner Rentel verstand es
vortrefflich, Oskar jeden Zweifel an seiner Aufrichtigkeit
zu nehmen.
Ein ganzes Jahr lang dauerte dieser Zustand. Oskars
Mutter wurde sehr krank. Er war jetzt doppelt gezwungen,
wie ein Sklave eine Arbeit zu verrichten, die ihn schließlich
mit tiefstem Widerwillen erfüllte. Er marterte sein Gehirn
ab, ohne über die Produkte eines Lohnschreibers hinaus⸗
zukommen. Wenn dann große Unzufriedenheit sich seiner
bemãchtigte und in gereizte Stimmung ausartete, so war
die Gesellschaft Dagobert Fischs das einzige Beruhigungs⸗