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Blicke sich auf die großen Spiegelscheiben des Wiener
Cafes richteten, durch welche die Augen alter und junger
Herren sie verfolgten, so empfanden sie Sehnsucht, ebenfalls
an den kleinen Marmortischchen dort drinnen zu sitzen, um
in Gesellschaft eines Begleiters ihre Tasse Schokolade oder
ihr Glas Melange zu schlürfen.
Und bei diesem wechselvollen Leben und Treiben in
der Passage, das die Meinung hervorrief, als strömte hier
halb Berlin zusammen, um eine lebende Ausstellung zu
bilden, sich öffentlich zu zeigen und sich bewundern zu
lassen; inmitten des Lichtmeeres, das die Menschen über—
flutete, die Uniformen der Offiziere grell hervorhob, den
Gesichtern der promenierenden alternden Rouées auf un—
bestimmte Zeit eine andere Färbung gab, die Wände und
Pfeiler glänzend schimmern ließ und das Gold des Stucks
und der Karyatiden wie mit einem leuchtenden Firnis über⸗
zog, ließen sich von oben herab die Klänge des Weisikwerks
in Castans Panoptikum vernehmen und brachten in der
Menge eine gehobene Stimmung hervor. Doas 1mte
und schwirrte jetzt, wich sich aus, stieß sich mit Absicht an, um
die Aufmerksamkeit auf Weib oder Mann zu lenken, und
bewegte sich nun nach den rhythmischen Klängen des un—
sichtbaren Orchestrions.
Arm in Arm promenierten auch Herr von Rollerfelde
und Herr von dem Bache auf und ab. Die beiden Freunde
schritten untergefaßt dahin. Sie nahmen um diese Zeit
gewöhnlich im Café Platz, pflegten aber vorher während
einer halben Stunde sich in der Menge zu bewegen und
rechts und links ihre Beobachtungen zu machen, soweit sich
dieselben auf das schöne Geschlecht erstreckten.
Rollerfelde namentlich schnarrte in einem Atem seine
abgebrochenen Bemerkungen herunter: „... Famoses
Mädel da, die große Blondine, — hat Rasse — sieht uns
fortwährend an, scheint Absichten zu haben... Drolliges
Geschöpf da, die Kleine mit den blauen Bändern, kommt
aus dem Lachen gar nicht mehr heraus.“
Und er klemmte sein Glas ins Auge und lächelte die