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Elftes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

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Blicke sich auf die großen Spiegelscheiben des Wiener 
Cafes richteten, durch welche die Augen alter und junger 
Herren sie verfolgten, so empfanden sie Sehnsucht, ebenfalls 
an den kleinen Marmortischchen dort drinnen zu sitzen, um 
in Gesellschaft eines Begleiters ihre Tasse Schokolade oder 
ihr Glas Melange zu schlürfen. 
Und bei diesem wechselvollen Leben und Treiben in 
der Passage, das die Meinung hervorrief, als strömte hier 
halb Berlin zusammen, um eine lebende Ausstellung zu 
bilden, sich öffentlich zu zeigen und sich bewundern zu 
lassen; inmitten des Lichtmeeres, das die Menschen über— 
flutete, die Uniformen der Offiziere grell hervorhob, den 
Gesichtern der promenierenden alternden Rouées auf un— 
bestimmte Zeit eine andere Färbung gab, die Wände und 
Pfeiler glänzend schimmern ließ und das Gold des Stucks 
und der Karyatiden wie mit einem leuchtenden Firnis über⸗ 
zog, ließen sich von oben herab die Klänge des Weisikwerks 
in Castans Panoptikum vernehmen und brachten in der 
Menge eine gehobene Stimmung hervor. Doas 1mte 
und schwirrte jetzt, wich sich aus, stieß sich mit Absicht an, um 
die Aufmerksamkeit auf Weib oder Mann zu lenken, und 
bewegte sich nun nach den rhythmischen Klängen des un— 
sichtbaren Orchestrions. 
Arm in Arm promenierten auch Herr von Rollerfelde 
und Herr von dem Bache auf und ab. Die beiden Freunde 
schritten untergefaßt dahin. Sie nahmen um diese Zeit 
gewöhnlich im Café Platz, pflegten aber vorher während 
einer halben Stunde sich in der Menge zu bewegen und 
rechts und links ihre Beobachtungen zu machen, soweit sich 
dieselben auf das schöne Geschlecht erstreckten. 
Rollerfelde namentlich schnarrte in einem Atem seine 
abgebrochenen Bemerkungen herunter: „... Famoses 
Mädel da, die große Blondine, — hat Rasse — sieht uns 
fortwährend an, scheint Absichten zu haben... Drolliges 
Geschöpf da, die Kleine mit den blauen Bändern, kommt 
aus dem Lachen gar nicht mehr heraus.“ 
Und er klemmte sein Glas ins Auge und lächelte die
	        
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