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bereits ganz nette Anlagen zeigte, die Aufgaben eines
Rückkaufshändlers in ihrer ganzen Größe zu würdigen.
Felix Rosenstiel war der Sprößling von Frau Serenens
einziger Schwester, die als Witwe eines bankerotten Börsen⸗
maklers in beschränkten Verhältnissen lebte. Es war Se—
renens Wunsch, ihren Neffen, da sie selbst kinderlos war,
dereinst als Sohn zu adoptieren und ihn das Erbe ihres
Mannes antreten zu lassen.
Felix Rosenstiel war ein gewitzter Junge von siebzehn
Jahren, dessen schlanke Gestalt durch die Last eines über⸗
großen Kopfes, mit einem Antlitz, das aus einer einzigen
großen Nase zu bestehen schien, den steten Eindruck eines
schlecht gezeichneten Ausrufungszeichens gewährte. Trotz
alledem hatte er bereits angefangen, sich für Serenens Geld
wie ein Geck zu kleiden und seinem ganzen Benehmen,
seinen Bewegungen den Stempel eines angehenden Löwen
der Spandauerstraße zu verleihen. Die großkarierten Bein⸗
kleider, das enganliegende Jakett von gleichem Jockeystoff,
der blutrote, breite Schlips, in dem eine riesige Hufeisen—
nadel den Gedanken, es mit einem intelligenten Reitknecht
zu tun zu haben, besonders verstärkte; die weit über die
großen Hände herabfallenden gestreiften Manschetten, auf
denen die stets sichtbaren Talmiknöpfe wie kleine Räder
glänzten, das in der Mitte gescheitelte, in seinen äußersten
Spitzen auf die Stirn geklebte schwarze Haar, die affektierte
Vornehmtuerei, mit welcher Felix Rosenstiel alle fünf Mi—
nuten nach dem zusammengeklappten, zwischen zwei Knöp⸗
fen seines Jaketts heraushängenden Pincenez griff, und
die doch nicht im Stande war, seinem dummen Gesicht
sympathische Linien zu verleihen — alles das machte diesen
frühreifen Jüngling zum Typus eines Menschen, der kaum
flügge geworden, bereits von Strebertum und Genußsucht
angefressen ist.
Felixens größter Ehrgeiz ging dahin, dereinst „Bankier“
zu werden und als solcher inmitten des verlockenden Lebens
Berlins eine Rolle zu spielen, natürlich mit dem Gelde
von Tante Laib, das er bereits im Geiste vor seinen Augen