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einander hafteten; so entstanden künstliche Federn, die in
ihrer Zusammensetzung wie die Räder eines Pfaues aus⸗
sahen. Oben auf dem Rücken eines jeden Vogels befestigte
er einen Bindfaden. Mit diesen, ohne jede andere Hülfe
als mit der des Messers angefertigten Vögeln ging er des
Abends handeln. Er stellte sich an eine Straßenecke oder
stattete jenen Kneipen seine Besuche ab, in denen Familien
mit Kindern zu verkehren pflegten. Diese an dem Bind—
faden schwebenden und sich vermöge ihrer Leichtigkeit stets
drehenden Vögel wurden bei der kleinen Welt sehr beliebt.
Das war etwas Neues, das hatte man noch nicht gesehen.
Man bewunderte die Kunstfertigkeit und opferte der possier⸗
lichen Spielerei wegen gern für die kleinere Sorte einen
Groschen, für die größere das doppelte.
Merk kam nie nach Hause, ohne daß er nicht ein Dutzend
der hölzernen Tiere abgesetzt hatte. Das spornte ihn zu
doppeltem Fleiße an. Mit der Zeit erlangte er die Fertig⸗
keit, tagtäglich fünfundzwangig bis dreißig Stück dieser
Vögel zusammenzusetzen. Das war doch etwas bei der
schlechten Zeit. Er wurde wieder vergnügt, rauchte mit
Genuß bei der Beschäftigung seinen billigen Tabak. Oft
trat eine Pause in seiner Schnitzerei ein. Dann stürzte er
nach dem Hofe hinunter, als hielten ihn plötzlich aufge—
tauchte, trübe Gedanken in ihrem Bann. Er dachte dann
an Magda, an seine früher so folgsame, gute Tochter, die
sein Stolz und seine Freude gewesen war. Wo mochte sie
weilen, was würde aus ihr werden?...
Wieder oben angelangt, glitt sein Blick dann zu dem
kleinen Wesen hinüber, das neben der Wiege in einen Korb
gebettet war. Wenn es wach war, fing es an zu schreien.
Er nahm es dann wohl zur Abwechselung einmal in seine
Arme und wiegte es hin und her, ehe er es der kleinen Anna
gab, denn Ida war, wie gewöhnlich, in der Fabrik.
Die Gedanken an Magda verließen ihn dann und gingen
zu Franz, der ihm Magda ersetzen sollte. Aus dem Jungen
würde etwas werden, das sagte er allabendlich zu Ida.
Er sei nun bald fünfzehn Jahre alt, es sei die höchste Zeit,