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Elftes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

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gierigen Augen, gedenkt mit harten Worten der Raben⸗ 
mutter, dreht das Körbchen um und um, als müßte sie noch 
irgend etwas finden, und hält dann plötzlich ein kleines 
Päckchen in den Händen, in dem sich etwas Geld und ein 
Brief befindet. 
„Still, Kinder —.“ Sie wirft nur einen Blick auf die 
Handschrift, und sie liest mit angehaltenem Atem. Ihr 
Herz klopft dumpf und laut, denn der Brief kommt von 
ihrer gefallenen Tochter. Und je weiter sie liest, je weniger 
kann sie sich bemeistern. Die Augen werden kleiner, der 
Mund zuckt, und sie weint. Eine Mutter weint über das 
Unglück ihres Kindes, und unter den Tränen des Kummers 
taucht ein gewisses Gefühl der Freude auf, daß die junge 
Mutter wohlauf und munter ist. 
„Mutter, weshalb weinst du —? — Lies uns den 
Brief vor. — O, dieser kleine Schreihals, wie hübsch er 
aussieht !“ 
„Still, Kinder, geht schlafen. . .“ Sie trocknet sich 
die Augen, faltet den Brief zusammen, um ihn in später 
Stunde, wenn sie ollein bei einsamer Lampe sitzen wird, 
wieder und immer wieder zu lesen. Dann beschäftigt sie 
sich liebevoll mit dem neuen Gast. O, eine Mutter hat noch 
immer etwas für das unschuldige Kind ihrer Tochter übrig! 
„ . · · Geliebte Mutter — ich habe furchtbar gelitten 
und zum lieben Gott gebetet, er möchte mich von der Erde 
nehmen, aber er hat es nicht getan.. Nimm Dich meines 
Töchterchens an, aus Barmherzigkeit tue es. Ich wollte 
es bei fremden Leuten in Pflege geben, aber ich habe es 
nicht übers Herz bringen können, es schlecht behandelt zu 
sehen. Jede Woche werde ich Dir Pflegegeld schicken für 
meine kleine süße Martha.... Ach, ich schäme mich, so 
zu Euch zu kommen, ich kann es Dir nicht sagen. Einmal 
war ich bereits bis auf den Hof, kehrte aber um, als ich Dich 
iim Fenster erblickte.. ...Gute, liebe Mutter, ich bin 
nicht schlecht, glaube mir .... Wie anders ist es bei fremden 
Leuten, und wie schön war es bei Euch. Aber ich werde 
fommen, ganz unerwartet, wenn niemand von Euch
	        
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