Path:
Zehntes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

249 
Nur auf diese gewaltsame Art und Weise wußte der 
behäbige Herr Rentel seinem Geschäfte diesen vorzüglichen 
Mitarbeiter zu erhalten, alldieweil es eine schlecht ange— 
brachte Humanität gewesen wäre, jemand Honorarvor— 
schüsse zu geben, der die Charakterschwäche besaß, keine 
Zeile ungezwungen zur Beglückung des Volkes auf das 
Konzeptpapier zu werfen. 
Man hatte also einen Kompromiß geschlossen. Dagobert 
Fisch erhielt täglich drei Mark Abschlagszahlung, dafür 
mußte er sich verpflichten, in einem kleinen Nebengemach 
des großen Kontors während sechs Stunden hinter um— 
gedrehten Türschlüsseln der Tugend nach unzähligen Brand⸗ 
stiftungen, Morden und Schändungen zum endlichen Siege 
zu verhelfen. 
O, er tat es ganz vortrefflich in der Gesellschaft seiner 
Freundin, der unentbehrlichen Ratgeberin seines Lebens: 
der kleinen, grünangehauchten Flasche, deren Füllung ihm 
nur einmal bei seiner Berufstätigkeit gestattet wurde. Schon 
aus dem Prospekt, der zu gleicher Zeit mit dem Titel jedes 
seiner Werke entstand, ging der vollendete Schwung seiner 
Sprache hervor. Ehe man einen Kolportage-Roman 
schreibt, erfindet man einen Prospekt, das ist ganz natürlich. 
Das ist eine Appellation an die Rührseligkeit der Menge, 
die niemals ihre Wirkung verfehlt. 
Da hieß es denn: „Aus den niedrigsten Höhlen des 
Lasters führt uns der Verfasser durch alle Gesellschafts— 
klassen bis zu den Stufen des Thrones und stellt einen 
verzweifelten Kampf um Glück und Liebe, Gold und Blut 
vor unsere Augen..... Wir sehen, wie das Weib eines 
braven Mannes im modernen Babel an der Spree heim— 
lich den Gatten verläßt, um, zur Buhldirne herabgesunken, 
von ihren aristokratischen Freunden auf die merkwürdige 
Laufbahn einer diplomatischen Sirene geführt zu werden.. 
In dem düsteren Nachtbilde der Heldin Alexandra finden 
wir eine äußerst charakteristische Zeichnung menschlicher 
Schwächen und Wandlungen. Von Verbrechen eilt sie zu 
Verbrechen, und als endlich der Götterfunken der Liebe ihr
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.