Path:
Neuntes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

231 — 
Ihnen, Fräulein Rosa,“ sagte sie, „daß Sie derartige Un— 
wahrheiten über eine anständige Familie verbreiten. Wissen 
Sie auch, daß man Sie dafür belangen kann? Ich werde 
es für meine Pflicht halten, Frau Merk davon zu erzählen.“ 
Fräulein Rosa fiel keinen Augenblick aus ihrer Rolle. 
„BesteFrau Schwarz, tun Sie, was Sie nicht lassen können, 
aber Sie werden doch erlauben, daß man auch seine Ohren 
und seine Augen hat. Sie sind eine so anständige, respek⸗ 
table Frau, daß Sie gut täten, recht bald den Verkehr mit 
einer Familie abzubrechen, an der durchaus nicht so viel 
dran ist, als Sie glauben. Ich könnte Ihnen hundert Zeu⸗ 
gen bringen, die dasselbe gesehen haben, wie ich. Glauben 
Sie denn wirklich, daß das nicht zwischen Mutter und 
Tochter eine abgekartete Geschichte ist? Fragen Sie doch 
nur die Mutter Knabe im Keller, die wird Ihnen die Augen 
öffnen! Man hat jetzt diese Familie Merk gründlich kennen 
gelernt. Wo soll das auch herkommen, wenn der Vater 
mit so gutem Beispiel seinen Kindern vorangegangen ist! 
Wo Blut an den Händen klebt, da häufen sich nach und 
nach alle unsauberen Dinge an. Meinen Sie nicht auch, 
beste Frau Müller 7“ 
Die Mäntelnäherin wußte nicht mehr, was sie sagen 
sollte; sie ging mit schwirrendem Kopfe. 
Und Frau Müller erging sich nun in allerlei Betrach—⸗ 
tungen, die binnen wenigen Minuten Merks mit allen nur 
möglichen Lastern behafteten. Fräulein Rosa spielte den 
letzten Trumpf aus, der ihrer Überzeugung nach Merks für 
ewig in diesem Hause das Spiel verderben mußte. „Hören 
Sie nur, liebe Frau Müller, — man weiß, was im all—⸗ 
gemeinen an solchen Mädels dran ist, die mit Streichhölzern 
und anderen Dingen aus einer Kneipe in die andere gehen. 
O, man muß dieses saubere Weib da unten im Keller nur 
kennen. Sie wissen, sie ist bereits einmal wegen Kuppelei 
bestraft.“ 
„Fräulein Rosa, Sie machen mich wirklich neugierig; 
aber, bitte verheimlichen Sie mir nichts. Ich habe immer
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.