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Neuntes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

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gleitungen wiederholt, als eines Sonntags nachmittags 
Rosa Jakob ihrer Mutter und den Geschwistern einen Be— 
juch in der Gerichtsstraße abstattete. 
Es war ein milder Wintertag, gleich nach Neujahr. 
Der Schnee war verschwunden, und der trockene Erdboden 
hatte die Kinder nach langer Zeit hincus cuf Hof und Straße 
gelockt. Das ganze Haus wußte balt welche besondere 
Ehre ihm zuteil geworden war. Und Ldie Frauen schlugen 
die Hände über dem Kopfe zusammen, als sie zu den Fen⸗ 
stern hinausblickten, um sich davon zu überzeugen, was das 
Jubeln und Schreien der Rangen da unton zu bedeuten 
habe. Fräulein Rosa hatte sich unterwegs schon vorge— 
nommen, inmitten der Kinder, die sich gewiß in der Nähe 
des Brunnens wie gewöhnlich balgen würden, erst eine 
Gastrolle zum Besten ihrer Toilette zu geben, ehe sie zu 
dem finsteren Kellerraum ihrer Mutter hinabstiege. O, das 
war ein Tag, auf den sie sich schon lange gefreut hatte, den 
sie schon längst einmal durchlebt hätte, wenn ihr der Weg 
hier heraus nicht immer wie eine Fahrt nach einem end⸗ 
legenen Kirchhof erschienen wäre. Es war auch die höchste 
Zeit, daß sie der ganzen Klatschgesellschaft in diesem Hause 
einmal gründlich zeigte, was aus ihr geworden war. 
So war sie denn über den Hof gerauscht, als könnte 
sie die Zeit nicht erwarten, wo irgend eine ehemalige Nach— 
barin laut cusrufen würde: „Herrjeh, Rosa Jakob, find Sie 
Frau Baronin geworden, wie in dem Zehnpfennig-Roman, 
von dem Sic Anmer erzählten?“ Eigentlich hatte sie sich 
diesen Einzug so gedacht: man müßte sie zuerst nicht er— 
kennen, sie für eine vornehme Dame halten, die hier einen 
mildtätigen Besuch machen wollte, und sie ungefähr so an— 
reden: „Sie scheinen hier jemand zu suchen; zu wem 
wünschen Sie, gnädiges Fräulein ?“ 
Und das hatte womöglich eine der Frauen sagen müssen, 
die sie früher wie einen alten Dreier gekannt hatten. Das 
wure der richtige „Effekt“ gewesen; da hätte sie auf der 
Stelle den glänzenden Beweis bekommen, was feine Um⸗— 
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