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seiner fürchterlichen Anklage der zitternden Friederike ent—
gegen, als wäre er in einer großen Szene an der Stelle
angelangt, wo der Dichter die Steigerung der Gefühle vor⸗
schreibt. „Hören Sie mein letztes Wort, Frau Zierling, in
Gegenwart dieser jungen Dame, die ich hochschätze und ver—
ehre, die Sie aber heute noch wegen der ihr angetanen Be—
— D
nicht in höchst beklagenswerte Unannehmlichkeiten ver—
wickelt sehen wollen ... Sie haben hier unzweifelhaft durch—
leuchten lassen, daß ich Ihnen Dankbarkeit für gewisse Vor—
fommnisse im Leben schulde, die zu prosaisch sind, als daß
ich sie besonders erwähnen sollte; aber Sie haben dabei
vergessen, was für einen Nimbus der Salon⸗Komiker Ema—
nuel Sängerkrug um die philisterhafte verwitwete Frau
Kanzlei⸗Sekretär⸗Assistent auszubreiten begann seit dem
Tage, wo er sich herabließ, ihr die Ehre seiner vorzüglichen
Gesellschaft zuteil werden zu lassen. Die Musen werden
es mir vergeben haben! Mein Gewissen sagt mir, daß wir
quitt sind. Haben Sie mich verstanden, Madame Zierling?
O, es dürfte die Zeit kommen, wo man mit Sehnsucht an
den Salon⸗Komiker Söngerkrug zurückdenken dürfte, den
man so tief gekränkt hat.“
„Herr Manuel, hören Sie mich an —“.
Manuel aber wollte nicht hören. Er machte eine un—
ruhige Handbewegung und ging wieder auf und ab. Er
kam sich bereits wie ein siegreicher Held vor, der das Schlacht-
feld beherrscht. Plötzlich blieb er vor Dorchen stehen. „Mein
perehrtes Fräulein — die Pflicht des Künstlers ruft. Sie
denken doch nicht schlecht von mir ?“ Er streckte ihr die Hand
entgegen, in die sie die ihrige legte, dabei blickte sie ihn groß
und voll an und schüttelte leise mit dem Kopfe.
Jetzt drehte er sich um und ging.
„Madame gierling,“ sagte er ernst und würdevoll, „ich
dürfte diese Nacht bereits ihre Wohnung zu meiden suchen.
Sie wollen mich also erst morgen erwarten.“ Er verneigte
sich wie ein Weltmann und schritt bei ihr vorüber.
Als die Tür sich geschlossen hatte, stürmte sie ihm nach.