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Achtes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

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das, was sich während elf Jahren in seinem Inneren ange⸗ 
ammelt hatte, zu einer umfassenden Anklage vereinigte, 
trat er auf die Arbeiterin zu, wies mit dem ausgestreckten 
recht en Arm auf Frau Zierling, und begann Fräulein Dor⸗ 
chen mit dem Brusttone der UÜUberzeugung sein Herz auszu⸗ 
schütten. „... Blicken Sie dorthin, mein verehrtes Frau⸗ 
lein, sehen Sie sich, bitte, jene Frau genan an. Das ist Ma⸗ 
dame Friederike Zierling, geborene Sauer, die Witwe des 
weiland sehr geschätzten Kanzlei⸗Sekretär-Assistenten Zier⸗ 
ling, von dem man sagte, er hätte dieses schöne Dasein noch 
länger genießen können, wenn ihm in seiner Behaufung 
etwas mehr Ruhe zuteil geworden wäre —“. 
„Herr Manuel, das ist nicht wahr, — Herr Manuel, 
Sie wissen es, das ist nicht wahr! Sie schmähen meinen 
Soeligen, oh —!“ Frau Friederike begann Mitleid zu er— 
wecken. 
Der augenblickliche Held in dieser Liebeskomödie aber 
fuhr ungeniert fort: „Sie sieht sehr respektabel aus, diese 
Madame Zierling, nicht wahr, verehrtes Fräulein? Sehen 
Sie nur, wie kokett ihr die Haube steht, wie die Löcklein 
ihre zart geröteten Wangen umkosen, — o, mein verehrtes 
Fräulein Dorchen, es mag eine Zeit »egeben haben, in 
der Madame Zierling beinahe die Ve ring „schön“ für 
sich in Anspruch hätte nehmen könß *. 
Frau Friederike blickte halb vershörnt zu Boden. 
Der Salon⸗Komiker fuhr fort: „Ja, es gab auch für 
mich eine Zeit, in der die äußerliche Stattlichkeit einer Frau 
ihre Wirkung auf mich ausübte, aber zu spät sah ich ein, 
daß die Seele dieser Frau schwarz, rabenschwarz ist. O, 
liebes Fräulein, Sie können mich bedauern... .“ Er 
faßte wieder an die Krempe des Zylinderhutes mit beiden 
Haänden, stützte den Boden desselben auf das theatralisch 
vorgesetzte linke Bein und blickte ein paar Sekunden, stumm 
nickend, in das Licht der Lampe, als wäre er sich der Wirkung 
seiner letzten Worte völlig bewußt, befände sich in Gedanken 
auf der Bühne und wüßte recht gut, wie interessant die 
Melancholie den Mann in den Augen der Frauen macht.
	        
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