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Achtes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

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da heute gerade der fünfzehnte ist, Ihnen in Gegenwart 
dieser höchst ehrenwerten Dame eine Kündigung der bei 
Ihnen bis jetzt innegehabten Kammer zu teil werden lasse, 
und daß ich es vorziehen werde, am morgigen Tage be— 
reits das Dach einer Frau zu verlassen, die während elf 
langer Jahre noch nicht Gelegenheit gefunden zu haben 
scheint, von der gesellschaftlichen Bildung eines Künstlers 
zu profitieren. Auch muß ich Sie darauf aufmerksam machen, 
daß Sie dem allerseits verehrten Fräulein Dorchen 
Dinge gesagt haben, die unstreitig eine Injurienklage im 
Gefolge haben werden, bei welcher mein Zeugnis von Ge— 
wicht sein dürfte. Haben Sie verstanden?“ 
Er hatte wie Napoleon der Erste die rechte Hand halb 
zwischen zwei Knöpfen seines Paletots vergraben, die linke 
mit dem Zylinder auf dem Rücken verschränkt und stand nun 
vor seiner Wirtin wie ein Befehlshaber vor seinen Truppen. 
Frau Friederikens Mundwerk war bereits wieder un— 
verschlossen, aber sie hätte beim besten Willen die Worte 
nicht mehr zusammenhängend hervorbringen könnnen. Sie 
starrte mit geöffneten Lippen nur auf den sie scharf fixie— 
renden Sängerkrug, der seit elf Jahren zum ersten Mal 
es wagen »re, ihr, der Madame Friederike Zierling, ge⸗ 
borenen Sacr, der er eine unbezahlbare Schuld abzutragen 
hatte, seit anmer zu kündigen. Nur ein paar Worte preßte 
sie hervor, A beweisen, daß sie alles verstanden habe. 
. Sie wollen ziehen ?... Mir eine In— 
jurientl. “Sie bewegte leise die Lippen, als müßte 
sie jedes vernommene Wort noch einmal für sich wieder— 
holen, tippte schnell hintereinander nervös mit der rechten 
geschlossenen Hand in die Fläche der linken, trat abwechselnd 
einen Schritt vor und zurück und glich völlig einem Men— 
schen, der ein Pulverfaß unter seinen Füßen weiß, aber 
demselben nicht zu entrinnen vermag. 
Herr Sängerkrug fuhr fort, kühner geworden durch das 
Schweigen der liebenswürdigen Frau:„Ja, ich wiederhole 
es nochmals, ich werde ziehen.“ Und gleichsam, als wäre 
nun auch für ihn der große Augenblick gekommen, der alles
	        
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