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Achtes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

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sagen, von naiver Genialität in ihm aus. Es ist merkwuürdig, 
höchst merkwürdig!“ 
Er nahm das Bild, hielt es mit ausgestreckten Armen 
von sich, betrachtete es mit zugekniffenen Augen uud zog 
es dann wieder näher zu sich heran. Zeigefinger und 
Daumen seiner rechten Hand spitzten sich zusammen, um 
durch nachdrückliche Bewegungen jedes Wort der ferneren 
Erläuterungen zu bekräftigen. 
„Wie natürlich der Kopf — wie die Falten des Kopf⸗ 
kifsens sich deutlich ausprägen, —selbst den Zug des Leidens 
auf Ihrem Gesicht glaube ich zu erkennen. Und wahrhaftig, 
da im Hintergrund ist auch der eiserne Ofen, auf dem die 
große Kaffeekanne steht. Brav von dir, mein Sohn, brav, 
sehr, sehr brav!“ Er zog den Knaben, der mit leuchtenden 
Augen und halb geöffnetem Munde neben ihm stand, zu 
sich heran und fuhr ihm mit der Hand über das Haar. 
Dann wieder, zu Frau Merk gewandt, fuhr er fort: 
„Was meinen Sie wohl, meine verehrte Frau Merk, was 
sich die Welt draußen daraus macht, ob ein Talent zu⸗ 
grunde geht oder nicht? Da steckt nun hier so ein kleiner 
Kerl in unserem verschrieenen Familienhause, besitzt ein 
fabelhaftes Genie und hat die schönste Aussicht vor Augen, 
frühzeitig mit seinen glänzenden Anlagen in den schmutzigen 
Tümpel zu fallen, den man den Kampf ums Dasein nennt. 
O, wie viele in meiner erhabenen Kunst habe ich gekannt, 
die zugrunde gegangen sind, weil niemand da war, der 
ihnen die Hand anbot, um sie auf den richtigen Platz der 
großen Schaubühne des Lebens zu ziehen. O, wir leben 
in einer gottgepriesenen Zeit. Wir predigen die Menschen— 
liebe mit tausend Fässern Tinte, aber ziehen uns erst Glac— 
handschuhe an und träufeln wohlriechende Essenzen in unser 
Taschentuch, wenn wir hinab in die Stätten des Elends 
steigen sollen; wir berufen uns tagtäglich auf das große 
Wort des Heilandes: Hilf deinem Nächsten, und berechnen 
dabei weise, wieviel wir bei dieser Hilfe verdienen. Wir 
gehen allsonntäglich fromm in die Kirche und hören gar 
feierlich das Wort Gottes an, so da lehrt, daß die Grausam⸗
	        
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