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Siebentes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

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Haͤuser schief, tanzten alle Laternen vor den Augen. All⸗ 
maͤhlich begann Magda die Wirkung der kalten Luft zu 
spuren. Sie verlor die Müdigkeit, konnte die Augen wieder 
auftun und gerade gehen, wenn auch der Rausch sie noch 
immer in seinem Bann hielt. 
„Kannst du nicht wenigstens ein Stückchen allein voraus- 
gehen?“ fragte die Alte und nannte Magda ihr „liebes, 
gutes Kind“. 
Merks Tochter tat das auch und schritt voran, ohne 
darüber nachzudenken, was ihre Nachbarin damit bezwecke. 
In der Friedrichstraße, in der Nähe der Linden, meinte 
die Mutter Knabe, ob Magdo sich ein paar Augenblicke auf 
eine Treppenstufe setzen wolle. Sie möchte noch gern in 
einen Keller hinabsteigen, um ihre Ware anzubieten. Magda 
tat es denn auch und stützte den heißen Kopf in die Hände. 
Die Kupplerin beobachtete Merks Tochter, sah, wie sie 
vor Müdigkeit den Kopf senkte, und schritt dann nach der 
anderen Seite der Straße. Um diese Zeit war die Friedrich⸗ 
straße noch sehr belebt, wenn auch nur von jenen Ge— 
stalten, die Berlin des Vormittags nicht zu sehen bekommen, 
weil sie das stete Bedürfnis hoben, sich an seinen Nachtseiten 
zu berauschen, um den halben Tag davon zu träumen. 
Bezechte und lärmende Studenten zogen truppweise vor⸗ 
über, um vor der nächsten roten Laterne, die ihnen um diese 
Zeit verlockender erschien als die hellste Leuchte der Wissen— 
schaft, wieder Halt zu machen. Die elegante Demimonde 
hielt ihren nächtlichen Strich ab, steckte Gemeinheiten ein 
und teilte sie zungengeläufig aus. Aber man hielt sich nicht 
quf, blieb eine halbe Minute stehen, wechselte ein paar 
Worte und rauschte dann wieder vorbei. Hinter den Mauern 
der Häuser, hinter den Laternen der Kneipen und hell— 
erleuchteten Scheiben lockte die Wärme, die die Schritte 
beflügelte und den Straßenaufenthalt denen überließ, die 
ohne ihn nicht leben konnten. 
Die Kupplerin ging ein paarmal langsam auf und ab 
und musterte scharf jeden männlichen Passanten. Plötzlich 
blieb sie vor einem alten Herrn stehen, der gerade in eine
	        
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