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Zweites Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

184 — 
Frau Knabe, warten Sie doch, nehmen Sie nur Ihren 
Schützling mit. Die findet sonst allein nicht mehr die Treppe 
hinauf. Sie hat fürchterlich Wein mit uns gekneipt — ich 
sage Ihnen, der hat ihr vortrefflich gemundet. Aber sie 
hat auch ein feines Geschäft gemacht. Wir haben ihr für 
eine ganze Mark abgekauft. Machen Sie aber schnell, daß 
Sie fortkommen, mich genierts schon.“ Sie benahm sich 
schon wie ein völlig bezechtes Geschöpf, das auf nichts mehr 
Rücksicht nimmt. Mit Wucht warf sie sich auf Felix, schlang 
beide Arme um seinen Hals, klopfte ihm auf die Wange 
und redete allerlei wirres Zeug durcheinander, aus dem 
der Weinteufel nur zu deutlich sprach. 
Nach einigen Minuten war Magda mit Mutter Knabe 
auf der Straße. Sie nahm den Arm des schielenden Weibes 
und sagte lallend: „Es ist wahr, Frau Knabe, ich bin furcht⸗ 
bar betrunken, aber ich konnte nichts dafür. Die Rosa hat 
mich fortwährend zum Trinken aufgefordert, und bei dem 
Erzählen trank ich immer noch mehr. Sie müssen mich nach 
Hause führen, sonst komme ich gar nicht mehr weiter.“ — 
Es war eine klare, kalte Winternacht. Der Schnee war 
gefroren und so glatt, daß Magda ein paarmal ausrutschte 
und hingeschlagen wäre, wenn ihre Begleiterin sie nicht 
gehalten hätte. Es stand wirklich schlien mit dem Mädchen, 
das merkte die Kupplerin sofort. Erst begann sie die Ent— 
rüstete zu spielen und fing an zu schimpfen. Was sie nun 
machen solle mit einem so betrunkenen Geschöpf, mit dem 
man es so gut gemeint habe, und das nun wie ein Haufen 
Blei an ihrer Seite hinge? Es werde ihr am Ende nichts 
anderes übrig bleiben, als Magda in irgend einer Herberge 
unterzubringen, damit sie bis zum Morgen ausschlafen 
könne. Dabei blickten ihre Augen wie die eines Habichts um 
sich her, als wollte sie irgend einen Passanten anrufen, der 
ihr dieses Mädchen vom Halse nehmen würde. Magda er— 
widerte kein Wort, ließ vielmehr todmüde den Kopf mit 
den geschlossenen Augen hintenüber fallen. Mutter Knabe 
betrachtete sie von der Seite, um genau zu beobachten, 
wie weit Merks Tochter sich verstelle. Der erschienen alle
	        
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