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sein. Rosa nun gar solle sich nicht so albern zeigen. Sie
sei auch mal nicht mehr gewesen, als Merks Tochter. Es
sei doch immer noch fraglich, wer schöner von beiden aus⸗
sehe, wenn Rosa wieder in ihrer alten Kleidung steckte und
Magda in der eleganten Robe prunken könnte.
„Aber Kinder, trinkt doch, Magda, komm' mal her,
setz' dich auf meinen Schoß,“ schloß er frech und streckte
nach ihr die Hand aus.
Magda wich zurück.
Rosa fühlte plötzlich das Bedürfnis, Magda an ihrer
Seite zu haben, um ein paar Worte mit ihr zu wechseln.
„Komm', setz' dich doch einen Augenblick und trinke mit,“
sagte sie freundlich. „Du wirst dich hüten und dich auf
Herrn Rosenstiels Schoß setzen, nicht wahr?“ fügte sie
hinzu. Sie versuchte, sie zu sich heranzuziehen, jeder Zug
des Hasses war verschwunden.
„Feiert nur euer Wiedersehen,“ brummte der müde
Herr Rosenstiel und lehnte sich mit geschlossenen Augen
weit in das Sofa zurück.
„Was für kalte und rote Hände hast du,“ begann Rosa
wieder, indem sie zärtlich Magdas Hand streichelte. „Aber
so setz' dich doch, Kind, und tue nicht so! Wenn wir uns
auch manchmal gekabbelt haben und uns nicht recht ver⸗
tragen konnten, das ist ja längst vergessen. Siehst du —“
sie sprach jetzt im Flüstertone — „siehst du, ich glaubte,
du könntest mich blamieren, wenn du mich in Gegenwart
der Mamsell begrüßt und womöglich Anspielungen auf die
Gerichtsstraße gemacht hättest. Das müßte mir doch unan⸗
genehm gewesen sein, nicht wahr? ... Trinke nur schnell
das Glas aus, ich gieße dir wieder ein neues voll. Der
da hat Geld genug, der kann bezahlen. Schnell, schnell,
trinke!“ Sie hielt das Glas Magda an die Lippen und
versuchte ihr den Wein in den Muͤnd zu gießen. Es war
fast, als zeigte sich im Augenblick in diesem Mädchen der
We Dämon ihres Vaters, der Merk ins Unglück gestoßen
atte.
Die Kellnerin kam mit der neuen Flasche.