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Siebentes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

178 — 
sorgte schon dafür, daß Magda sie verstehen mußte. Sie 
blickte jetzt so frech zu dieser hinüber, als stünde eine völlig 
Fremde vor ihr, mit der sie es nur gut meine. 
Magdas Atem ging schneller, und ihre Wangen röteten 
sich. Sie warf einen Blick zu Rosa hinüber, in dem 
alles lag, was sie noch verschwieg. Und währenddessen 
stieß Rosenstiel wie zur Beruhigung lallend hervor: „Ja 
doch, — erst sehen, was für Zeugs.“ Er tastete nach seinem 
Zwicker, bemühte sich, ihn in die richtige Lage zu bringen 
und zog dann Korb und Mädchen zu sich heran. In seinem 
halbbezechten Zustande wühlten förmlich seine Hände in 
der Ware, warf er die Schachteln durcheinander. Endlich 
hatte er einige gefaßt, die er vor sich auf den Tisch legte. 
Während er dann die Frage stellte: „Was kostet die Ge—⸗ 
schichte?“ warf seine Auserwählte wieder dazwischen: 
„Schenk' ihr nur die ganze Mark, Hunger tut weh, wenn 
man den ganzen Tag von Brot und Kaffee leben muß, wie 
derartige, bedauernswerte Geschöpfe. — Der Wein ist vor— 
züglich,“ unterbrach sie sich, indem sie das Glas an die Lippen 
führte und beim Halten desselben den kleinen Finger weit 
gespreizt hielt, weil sie das beim Trinken für äußerst vor— 
nehm hielt. 
Magda wurde das zuviel. Sie beachtete das Geschöpf 
gar nicht und sollte sich auf solche Art und Weise bemitleiden 
lassen? Eher verkaufte sie hier für keinen Pfennig und 
schlug der aufgeputzten Liese dort den vollen Korb ins Ge⸗ 
sicht. Die angelernte Derbheit ihres Gewerbes kam zum 
Duͤrchbruch. „Wer weiß, was aus dir noch mal wird,“ 
fiel sie ein. „Man sagt, die Mutter Knabe sei auch einmal 
so fein gekleidet gegangen wie du. Jedenfalls hast du in 
deinem Leben mehr gehungert als ich.“ Die Tränen stan⸗ 
den ihr in den Augen, so hatte Zorn und Wut sie gepackt. 
Rosa Jakob hatte die Empfindung, als hätte man ihr 
eine furchtbare Ohrfeige gegeben, deren Schallwellen ihr 
noch den Kopf umbrausten. Zum Glück war in der Nähe 
niemand anwesend. Was sollte sie jetzt dieser frechen 
Person erwidern?
	        
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