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Jestreben zeigt, die Passionen der guten Gesellschaft auch
zu den seinigen zu machen und seine Abstammung soviel
als möglich zu verleugnen. Sein Mutterwitz, die ganzen Vor—
züge seines Berufes, die darin bestanden, von ollem etwas
zu wissen, ohne tiefer denken und fühlen zu brauchen, kamen
ihm dabei vortrefflich zu statten. Er sprach über Theater
und Konzert mit derselben Leichtigkeit, wie über das Ballet
und verstand, mit seinen Kenntnissen vom Renn⸗ und Jagd—
sport zu prahlen. Dabei ließ seine fließende Unterhaltungs—
gabe und oft auch große Verstandesschärfe niemals die Ver—
mutung aufkommen, daß diese mosaikartige, oberflächliche
Vielwisserei eigentlich nur das Ergebnis eines eifrigen
Studiums des „Börsen⸗-Läufers“ sei, dessen Spalten er tag—
täglich mit demHeißhunger eines Zeitungswolfes durchflog.
Wenn das auch die einzige UÜberlegenheit war, mit der er
zu imponieren verstand, so wußte er sich doch in dem Kreise
seiner Zechgesellschaft den Anstrich eines jungen Mannes
von guter Erziehung zu geben, gegen den man nicht unan⸗
genehm werden dürfe, ohne die Höflichkeit zu verletzen.
Außerdem hatte er es bald verstanden, sich mit der
schlauen Berechnung eingefleischter Zahlenmenschen seinen
Freunden verbindlich zu machen. Ein paarmal war es vor⸗
gekommen, daß er Egon von Rollerfelde sowohl als auch
Paul von dem Bache, die beide im Laufe des Monats oft
über ihren Etat hinausgingen, in fast zudringlicher Weise
feine Börse zur Verfügung gestellt hatte, welches Anerbieten
die beiden Adeligen denn auch im Leichtsinn ihrer Jugend
nicht zurückwiesen. Damit war man denn gleich in eine
Vertraulichkeit zu einander getreten, die nicht mehr gut
rückgängig zu machen war. Man mußte nur hören, wenn
Rosenstiel von seiner Geliebten sprach — in einem welt⸗
männischen Tone, als verstünde es sich ganz von selbst, daß
ein Mensch in seinem Alter bereits ein Verhältnis haben
müsse, mit dem man sich über die Langeweile des Lebens
hinwegzuhelfen trachtete. Das schien ihm wie die beste
Empfehlung in den Augen jener Leute, die wie er das Leben
genießen wollten, so lange sie jung waren.