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Siebentes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

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die ihr ganz besonders gefielen. Das war die vornehme Ge⸗ 
sellschaft, in die Serenens Liebling sich hineinzudrängen 
verstanden hatte. Der eine gehörte einer altadligen Familie 
an, nannte sich Egon von Rollerfelde und war der Offizier— 
aspirant, dessen Bekanntschaft sich Felix zu Tante Laib 
gerühmt hatte. Rollerfelde war der einzige Sohn einer 
auswärts wohnenden, sehr begüterten Witwe, deren größter 
Stolz er war. Der erste Eindruck, den man von ihm empfand, 
war, es mit einem hübsch gewachsenen, jungen Mann zu 
tun zu haben, der sich die größte Mühe gab, seinem bart— 
losen Durchschnittsgesicht einen blasierten Ausdruck zu ver— 
leihen. Er sprach wenig, und dann sehr laut und immer 
nur in einem gewissen schnarrenden Ton, der sich anhörte, als 
wollte er sich recht frühzeitig auf die dereinstigen Komman⸗ 
dorufe vorbereiten. Außer der sorgfältigen Pflege seiner 
langen Fingernägel füllte er seine Mußestunden haupi— 
sächlich damit aus, seiner militärisch gescheitelten Frisur 
stets die schönste Glätte zu verleihen und das Monokel seinen 
Platz in der Augenhöhle behaupten zu lasser. Im allge— 
meinen war er ein harmloser, gutmütiger Mensch, dessen 
Geist man nicht zu fürchten brauchte. Der andere hieß 
Paul von dem Bache und war das gerade Gegenteil von 
Rollerfelde: ein lebenslustiger, stets zum scherzen geneigter, 
dunkellockiger Junge, dessen intelligentes Gesicht nie die 
Bewegung verlor, und der schon in seinem Außeren etwas 
Burschikoses zeigte. Er war ein Landsmann Egons, be⸗ 
suchte die Hochschule für Landwirtschaft und durfte sich eben— 
falls des Besitzes wohlhabender Eltern erfreuen. Die leidige 
Gewohnheit, welche junge Leute öfter in ein und derselben 
Kneipe zusammenführt, hatte eine Annäherung zwischen 
Rosenstiel und den beiden Freunden zu Wege gebracht. Es 
lag etwas in dem Wesen Felixens, dos mit der Zeit den 
unangenehmen Eindruck seiner Erscheinung verwischte. Er 
trat wie ein Gentleman auf und suchte in allen Bewegungen, 
in seiner ganzen Sprechweise, mit vorzüglicher Mache sich 
den Anschein zu geben, als hätte man es mit dem Sohne 
eines jüdischen Geldaristokraten zu tun, der das lebbafte
	        
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