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hört. Ihn brauchte sein Weib am Abend des Lohntages
nicht vor dem Fabriktor zu erwarten, aus Angst, er könnte
gleich so manchem sauberen Gesellen, der am Sonnabend
zuerst an das Vergnügen dachte, ehe er das Wirtschaftsgeld
zu Hause ablieferte, zum nächsten Schankwirt gehen, um
sich dort auf Stunden festzusetzen. Er war immer ein guter
Gatte, ein sorgender Vater gewesen, der mit Liebean seinen
Kindern hing. Wenn er wirklich in Zeiten der Arbeit
des Sonnabends nach Feierabend beim alten Krumm⸗
holz in der Chausseestraße einkehrte, so geschah es nur, um
binnen zehn Minuten eine kleine Weiße zu leeren und dann,
ohne sich beschwatzen zu lassen, den Kreis der zechenden
Kollegen zu verlassen. Er gönnte sich zum Schluß noch eine
besonders gute Zigarre zu acht Pfennigen, von der Papa
Krummholz behauptete, sie wäre würdig, Unter den Lin—
den geraucht zu werden, und steuerte dann seiner Woh—⸗
nung zu.
Als Ida durch die Straßen schritt, mußte sie lebhaft an
jene Zeiten denken. Gott, wie war das anders geworden!
Während andere mit vergnügtem Gesicht ihrem Heim zu⸗
steuerten, irrte Merk vielleicht umher, weil er soviel wie
möglich die Stunde hinausschieben wollte, in der er wie
gewöhnlich seinem Weibe sagen mußte, daß seine Bemü—
hungen wieder ohne Erfolg gewesen waren. O,sie kannte
ihn darin, diese Zagheit sah ihm ähnlich!
Nach einer Viertelstunde war Ida an ihrem Ziele an⸗
gelangt. Sie stand vor einem vierstöckigen Gebäude, dessen
einnehmendes Außere nichts von dem Schmutz verriet,
der sich auf Flur und Treppen zeigte. Hwischen zwei
Fenstern des Parterregeschosses leuchtete ihr ein großes
rotes Schild mit der weißen Aufschrift: „Ein⸗ und Verkauf
von Betten, Möbeln, Wäsche, Kleidungsstücken, Gold- und
Silbersachen“, entgegen. Einen Augenblick zögerte Ida im
Flur. Sie bannte ihre Schritte wie jemand, der im nächsten
Augenblick eine Schwelle übertreten soll, von der er sich
im Innern weit weg wünscht. Was sie jetzt da im Arme
trug, war ein Teil ihres früheren Glücks. Wie stattlich