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Siebentes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

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dacht ist, sich auch einer besseren Sprechweise befleißigte, 
zeigte sie sich als ein ganz niedliches Kind, das nach Felixens 
Ansicht noch gute Karriere machen konnte. Er hatte denn 
auch die Zeit, in welcher Herr und Frau Joachimsthal ab⸗ 
wesend waren, weidlich ausgenutzt, um seine Herzensge— 
fühle für die alte Bekannte an den Tag zu legen. Und 
Rosa hatte sich das gern gefallen lassen, kamen die Liebens— 
würdigkeiten doch von einem Herrn, der ihr mancherlei 
kleine Geschenke brachte. Im Innern freilich konnie sie 
sich keinen häßlicheren Menschen als diesen Neffen ihrer 
Herrschaft denken, und mehr als einmal machte sie sich beim 
Ausklopfen der Teppiche auf dem Hof zu irgend einer 
Kollegin über den „Mauschel“ lustig, der immer so „frech“ 
und „zudringlich“ zu ihr sei. Aber sie war nicht umsonst 
frühzeitig bei Mutter Knabe in die Schule gegangen. Der 
Alten Weisheitsregel: „Es kann auch einer vom Stamme 
Nimm sein, wenn er nur Geld hat,“ war bei ihr zu einer 
Art Glaubensbekenntnis geworden, dem einzigen allerdings. 
dem sie jemals angehangen hatte. 
Als Rosa daher eines Tages Rosenstiel nur zu deut⸗ 
lich zu verstehen gab, daß es ihr nicht mehr passe, dem dicken 
Joachim und seiner schönen Selma die Schleppe undStiefel 
nachzutragen, sondern sie am liebsten irgendwo als Probier—⸗ 
mamsell ihr Heil in Berlin versuchen möchte, hatte er so— 
gleich diesen Gedanken entzückend gefunden. O, man 
brauchte nur einen Blick auf die Gestalt zu werfen, auf 
dieses echte Berliner Mädchen, das in seinem Mutterwitz 
schon einen Schatz besaß, der sie überall selbständig machte, 
um sich nicht sofort jener Annoncen in den Zeitungen: 
„Damen mit guter Figur werden unter günstigen Be— 
dingungen in dem und dem Damen⸗Konfektionsgeschäft zu 
engagieren gesucht,“ erinnern zu müssen. Und so verschaffte 
denn Felix „seiner“ Rosa eine Stellung in dem berühmten 
Frauenheimerschen Konfektionsgeschäft. Sie mußte aller— 
dings bei ihrer ersten Vorstellung sofort eine elegante, 
schwarze Robe haben, aber dafür sorgte schon Serenens 
Neffe. Fast weinerlich langte er eines Abends per Droschke
	        
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