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tar am Sonnabend Abend, inmitten des ausgeprägtesten
Arbeiterviertels Berlins — da steigert sich der Verkehr bis
zum Höhepunkt, da entwickelt sich der Lärm gleich einem
brandenden Getöse, nimmt episch-⸗gewaltige Form und
malerisch wirkende Gestalt an. Hier rasseln nicht Equipagen,
hier wandelt der Luxus nicht auf den Straßen, dem einzigen
Zwecke zu huldigen, sich zu zeigen; hier schimmert nicht der
Glanz der Friedrichstadt, und hier ist auch der Sonnabend
nicht mehr ein bloßer Tag wie im Kalender der Reichen.
Hier, zwischen unzähligen Fabriken und geschwärzten
Mauern, und einem Wald von zum Himmel ragenden
Schloten, inmitten der Familienhäuser der Gartenstraße,
der Tausende von dumpfen, niedrigen und erstickenden Arbei⸗
terwohnungen, die das ganze Gebiet der sich weitausdehnen⸗
den Rosentaler Vorstadt umfassen, sich durch das Gewirr
enger und schmutziger, noch altertümlich gebauter Straßen
und Gassen bis zu den Höhlen des Elends auf dem Wedding
fortsetzen — hier hat der vierte Stand seine Residenz mit
rußigem Szepter aufgeschlagen, hier wohnt die Armee der
Maschinenbauer von Berlin, hier herrscht die blaue Bluse
vor, hier hausen, versteckt für die Außenwelt, die Armen
und Elenden, hier zeigen im engen Kellerloch Hunger und
Krankheit ihr grinsendes Gesicht.
Man muß am Abend eines Lohntages durch die Ar—⸗
beiterviertel Berlins gehen, um die Bedeutung des Wortes
„Geld verdienen“ in seiner ganzen Tragweite würdigen,
um das Bewußtsein der Enterbten, auf eine halbe Woche
hinaus wieder klingende Münze in der Tasche zu haben,
mit empfinden zu können — um all die bunten Eindrücke
des Lebens auf den Straßen, auf den Plätzen in sich aufzu⸗
nehmen. Die Gesichter glänzen heller, selbst die bleiche
von Kummer und Entbehrung hohle Wange hat sich auf
Minuten gerötet. Es ist fast, als riefe bei diesen Armen
der karge Verdienst nach harter Arbeit einen Taumel
hervor, der während Stunden Alt und Jung beherrscht
und nur allein dem Augenblicke lebt.
Idas Mann hatte von jeher zu den soliden Leuten ge—