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Siebentes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

1533 — 
2Während einiger Minuten sprachen die beiden Fraue 
nur von ihren Arbeiten. Dorchen meinte, sie könne es mun 
bald nicht mehr aushalten, von früh bis spät mit zusammen⸗ 
gedrückter Brust an der Nähmaschine zu sitzen und die Füße 
wie bei einer Tretmuhle zu bewwegen. Das halte am Ende 
keine Riesin aus, viel weniger sie schwaches Mädel. Und 
die Preise gingen immer mehr herab. Jetzt arbeite sie 
Herrenhemden, da bekomme sie dreißig Pfennig fürs Stück. 
Wenn sie fünf den Tag fertig machen wolle, dürfe sie schon 
nicht aufstehen. Da hätte sie dann fünfzehn Silbergroschen, 
was wäre das? Wenn sie nicht so bescheiden lebte, auch noch 
— — 
könnte sie gat nicht bestehen. Was müßten nun manchmal 
die Menschen machen, die bei gleichem Verdienst noch An⸗ 
gehörige durchzubringen hätten? 
Frau Schwarz schwieg einen Augenblick. Sie zog die 
letzten Heftfäden aus dem gerade fertig gewordenen Mantel 
und zog ihn über einen Kleiderbügel. Dann nahm sie ihre 
Brille ab und wischte sich die Augen, die sich während der 
Arbeit getrübt hatten. Sie seufzte und sagte: „Da wäre 
wieder einer fertig, an dem ich drei Tage lang gesessen 
habe, für lumpige fünf Mark.“ Das seien schon Zustände 
in der Welt, fuhr sie fort, diese Gesellschaft würde immer 
reicher, und sie armes Wurm müsse sich halb blind nähen. 
Wenn sie nun morgen mit dem Mantel zu Baruch komme 
und Geld haben wolle, lasse man sie erst wie eine Bett⸗ 
letin eine halbe Stunde stehen und mache ihr obendrein 
—5 — Abzug am Lohn. Da sitze der Hragen nicht recht, 
da fanve man, an der Verschnürung etwas Schiefes die 
Knbpfe muüßten weitergeruckt werden und vbombgn 
könne fie dann mit ihrer Last nach Haufe buckelrt, vordus 
gesebt, daß sie sich den Abzug vonm Gelde hefallen lassch 
wolle. Das sei aber immer so, wenn jemand an einer Sache 
durchaus etwas aussetzen wolle, dann suche er es an allen 
Ecken und Enden hervor... Vor nichts graule sie sich mehr, 
als vor dem Wieder⸗Auftrennen. Wenn man eine Arbeit 
zweimal machen müsse, ohne ewas dafür vergütet zu be⸗ 
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