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Siebentes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

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„Wollen Sie mir das Heft bis morgen leihen, ich möchte 
meiner Mutter etwas daraus vorlesen, und darf ich Sie 
dann bitten, mich morgen abend unten zu befuchen?“ fragte 
Leonhard Sirach Oskar Schwarz, während Magdas Augen 
von einem zum anderen wanderten. 
— zBenn Ihnen etwas daran liegt, sehr gern,“ erwiderte 
skar. 
Leonhard streckte ihm jetzt die Hand entgegen. „Wir 
werden gew'ß noch gute Freunde werden,“ sagte er, „auf 
Wiedersehen also.“ 
Er verbeugte sich vor Magda, so daß sie es komisch fand, 
und schritt dann mit dem etwas unregelmäßigen Gang 
eines Kurzsichtigen dem Keller zu. 9 
Die laute Stimme von Frau Schwarz erschallte. Magda 
möge doch ein paar Minuten herunterkommen. — 
Beide stiegen hinunter. Frau Schwarz saß wie gewöhn⸗ 
lich auf einem erhöhten Truͤt am Fenster und hatte einen 
Mantel auf dem Schoß, an dem sie nähte. So mußte sie 
stundenlang sitzen, in gebückter Haltung emsig beschäftigt, 
während sie abwechselnd die Brille putzte und einen Blick 
zum Stück Himmel emporsandte. Zu ihren Füßen hockte 
ihre Tochter Marie und versuchte aus bunten Flicken ein 
Röckchen für die Puppe zusammenzustellen. 
Es sah sehr kahl aus im Zimmer, denn es war nicht 
viel mehr zu finden, als oben bei Merks. 
Als Magda erzählte, daß Sirachs Sohn über Oskars 
Geschichten so erstaunt gewesen sei, meinte Frau Schwarz, 
der müsse wohl etwas davon verstehen, denn er komme ihr 
immer wie ein sehr gelehrter Mensch vor, wenigstens nach 
seinem ewigen Ernst zu urteilen. 
Im selben Augenblick klopfte es, und Fräulein Dorchen 
trat ein. „Sie können wohl auch nichts mehr sehen, Frau 
Schwarz ẽ begann sie, „man merkt, daß die Tage schon 
sehr kurz werden.“ Dann fügte sie hinzu: „Könnten Sie 
mir wohl Ihre Schere einen Augenblick leihen ? Ich habe 
meine zum Schleifen gegeben.“ ——z—
	        
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