Path:
Siebentes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

80 — 
nuß Es⸗ war nicht die unerwartete Dazwischenfunft bes 
gJunglings, der sanst auf ste gerichtete Bðnus den großen 
Augen, auch nicht das plötzliche Vegyer lärmenden 
und schreienden Kinderstimmen, wa in Verlegen- 
heit setzte, so daß sie am liebsten sosort in den Flur ge— 
sprungen wäre, um ihre Röte zu verbergen, sondern das 
Wort „Fräulein.“ Noch niemals hattéè man sie so ange— 
sprochen. Und der sie so auszeichnete, war der Sohn der 
Produlkenhändlerin, von dem die Frauen erzählten, er 
sei so gebildet und „studiere Künstlet“. Freilich, das war 
bei dem nicht zu verwundern. Den sah man nie vor der 
Haustür stehen, traf ihn niemals inm!!t:t der ungezogenen 
Burschen, die, wenn sieè abends aus der Fabrik kamen, 
sich wie die Heinen Kindér auf dem Haus lur gebärdeten, 
sich jagten und schlugen, und doch schon ihren Zigarren- 
stummel rauchten und wie die Alten mit einander sprachen. 
AAber eiwas sagen mußte sie doch, wie ein Stock isch 
vonnte sie nicht stehen bleiben. „Danke schön!“ kam es 
zaghaft über ihre Lippen. Sie machte einen Knix, und 
dabei richtete sie zum ersten Mal voll und ganz ihre braunen 
Augen auf Frau Sirachs Sohn. 
Weonhard sah nicht die großen, plumpen, durchgestoßenen 
Lederstiefel des vor ihm stehenden Mädchens, nicht das 
armselige, graue Kleid mit der verschossenen, fadenscheinigen 
Taille; er sah nur in ein wunderbar schönes Gesicht, das 
mit dem Rot in der Wange ihn so keusch und züchtig an⸗ 
mutete, als wäre er nie etwas Lieblicherem begegnet. Und 
bieses Mädchen hatte er noch niemals im Hause gesehen! 
Wie sollte er auch? Morgens, wenn er ausstand, übte er 
bine Stunde, um nach der Musikschule zu gehen. Wenn 
er dann zurückkehrte, war die Geigé wieder seine einzige 
Freundin, mit der er sich unterhielt, und des Abends be⸗ 
suchte er Freunde oder besand sich in irgend einem Konzerrt, 
koo die · Meister der klassischen Musik ihn in ihrem Vanne 
hielten? J 
un Oskar Schwarz erschien jetzt im Rahmen der Haustur 
und rief nach Magda.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.