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ausbleiben! Neue Sachen konnten nicht angeschafft werden,
und die alten litten unter der Länge der Zeit.
Frau Schwarz bewährte sich noch immer als die beste
Freundin. Was sie tun konnte, um zu helfen, das tar sie.
Ofter kam sie mit einem Topf voll Brühe zu Merks hinauf,
um Ida eine Stärkung zu Teil werden zu lassen. Sie
verdiente noch immer so viel, um sich das leistenzu können.
Ida aß dann nur ein paar Löffel voll und gab das übrige
den Kindern, die heißhungrig über die lang entbehrte
Speise herfielen. Auch das gute Dorchen stieg fast jeden
Tag die zwei Treppen hinauf, um ihre Mildtätigkeit zu
bewähren. Wenn sie bemerkte, wie die Kranke das meiste
ihren Kindern zuwandte und das wenigste für sich behielt,
so rührte sie das fast bis zu Tränen und tat ihr bis in die
Seele hinein weh. Sie ließ dann die Kinder zu sich her—
unterkommen und machte sie satt, ohne daß die Mutter
es wußte.
Eines Tages ging Magda über den Hof, als Mutter
Knabe aus dem Keller trat und sie zu sich heranwinkte.
„Komm' doch einen Augenblick herunter, liebes Kind,“
begann sie, „ich habe dir etwas zu sagen.“
Magda sah sie groß an, dann folgte sie aber willig.
Unten angelangt, bemerkte das Mädchen auch Fräulein
Hedwig, die heute ihren freien Tag hatte, und halbentblößt,
damit beschäftigt war, ein Kleid mit billigen Spitzen zu
versehen, um sich zum Ausgang mit ihrem Liebhaber vor⸗
zubereiten. Man brauchte nur einen Blick auf dieses Frauen⸗
zimmer zu werfen, um in ihm sofort den Typus einer
jener Kneipenmamsells zu sehen, die sich nur in Keller⸗
lokalen der verrufensten Art wohl fühlen. Vom verlebten,
übernächtigen Gesicht, in dem sich die Gemeinheit durch
Linien um die Augen, um den Mund, durch das breite,
heisere Lachen, durch jeden Zug im Mienenspiel deutlich
zeigte, bis zu den großen, noch immer rauhen und ge—
röteten Händen, die nur zu deutlich auf ihre ehemalige
Stellung als Dienstmädchen hinwiesen, und die sie beim
Gehen und Stehen in einer Weise am Körper herabhängen