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Freudenfest, das er mit Jakob der neuen Arbeitsstelle wegen
feierte. Am Ende kam der Tod seines Kindes, den man
ihm zur Last legte, und als letztes Glied der Totschlag, der
durch die Verletzung seines Ehrgefühls hervorgerusen wurde.
Also müssen wir immer wieder darauf zurückkommen, daß
die Arbeitslosigkeit der Teusel ist, der uns am Ende gegen
alles abstumpfen kann und zum bösen treibt, denn sie war
das erste Glied zu dieser Kette.“
Was Ida während dieser ganzen Zeit, von der Stunde
der Geburt ihres Kindes bis zu dem Tage vor Gericht, wo
sie über den Lebenswandel ihres Gatten Zeugnis ablegen
mußte, körperlich und seelisch gelitten hatte, wußte nur
Gott, zu dem sie in dunkler Stunde betete.
Zu allem Unglück mußte sie auf unbestimmte Zeit ihre
Arbeit in der Fabrik einstellen. Sie hatte sich durch ein
Stück Möbel den rechten Fuß so entsetzlich gequetscht, daß
man sie in einer Droschke nach Hause bringen mußte und
ihr alle Hoffnung nahm, vor zwei Monaten fest auftreten
zu können. So war nun der Augenblick gekommen, wo das
Schreckgespenst der Armut wirklich seinen Einzug hielt.
Wenn sie jetzt vom Bette aus einen Blick im Zimmer um—
herwarf, so sah sie weiter nichts, als den zersprungenen,
verkitteten, eisernen Ofen im Winkel, über dem ewig auf
einer Schnur ein paar zerfetzte Wäschestücke hingen, den
wurmstichigen Tisch, einen Schemel, zwei halb zerbrochene
Stühle, deren Geflecht den Boden berührte, und die Stroh⸗
säcke und Decken, mit denen des Abends auf den Dielen
die Lagerstätten für die Kinder bereitet wurden.
Sie lebten jetzt nur noch von Kaffee und Brort und
kamen so wenig mit den übrigen Bewohnern des Hauses
in Berührung, daß selbst die Nachbarsleute auf demselben
Flur keine Ahnung von dem eigentlichen Elend in dieser
Familie hatten. Nur an den Kindern konnte man die Be—
merkung machen, daß sie in ihrem Außeren nicht mehr so
nett und sorgfältig gekleidet gingen, als in der ersten Zeit
nach ihrem Einzug in dieses Haus. Wie sollte das auch