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von Jakob annehmen, damit es nicht umkomme. Er würde
gleich mit der Mutter sprechen, wenn sie zu Hause wäre.
Das Mädchen käme in gute Hände, man würde auch auf
—
Zipfel ging nach der Wohnung und rief Rosa herein.
Was das für eine Überraschung war! Sie sollte bei
einem Herrn Doktor in den Dienst kommen? Und gar im
sogenannten Geheimratsviertel? Vor fünf Minuten hatte
sie sich noch nicht träumen lassen, daß sie so rasch ihr Glück
machen würde. Sofort sagte sie sich, daß sie jetzt eine ganz
andere Miene zeigen müsse, um so bescheiden und ein—
nehmend wie möglich zu erscheinen.
Als Joachim Joachimsthal seine fleischige Hand unter
ihr Kinn legte und einige Fragen an sie richtete, schlug sie
wie ein züchtiges Mädchen die Augen nieder und gab die
Antworien mit leiser Stimme. Felix Rosenstiel stand hinter
ihr und benutzte das Halbdunkel des Raumes dazu, seine
Hände mit ihrem aufgelösten Haar in Berührung zu
bringen. Dann hörte man wieder die Tür des Wohn—
zim mers gehen, und Kaulmann trat herein.
„Heda, Zipfel, ein Glas Bier!“ Er trat mit langen
Schritten näher, um zu sehen, was man eigentlich von dem
Mädchen wollte. Er fühlte sich gerade in der Stimmung,
seine Armel aufzustreifen und irgend einem zudringlichen
Burschen einen blauen Denkzeltel mit nach Hause zu
geben. Die Hände in den Hosentaschen, pfiff er leise vor
sich hin und machte sich ungeniert Platz zwischen Rosa und
Rosenstiel, indem er diesen mit seinem Ellbogen un—
sanft beiseite schob. Jakobs Tochter las ihm die Skan—
dalsucht vom Gesicht ab. Wenn der wüßte, was sie drei
soeben geplant hätten! Man mußte hübsch die Schlaite
Pielen, und diesen Tolpatsch einstweilen beruhigen.
Während sie Zepfel dieß Flasche abnahm, flüsterte sie
ihm zu: „Sagen Sie dem Langen nichts davon, det ist halb
verrückt nach mir.“ Dann drehte sie sich nach Kaulmann um.
„Kommen Sie mit, ich habe Ihnen was zu sagen.“ Sie