Path:
Sechstes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

131 — 
ung, aber du wirst doch auch mal eines Tages an einen 
Mann denken müssen —. 
Sie ließ ihn nicht ausreden, sondern antwortete gleich 
mit ihrem alten Lachen, und zwar diesmol so übermütig, 
daß sie sich dabei auf einen Sluhl setzen mußte. Sie warf 
die Beine förmlich in die Luft, trampelte auf den Fuß— 
boden, so vortrefflich amüsierte sie sich. Sie kreischte und 
kicherte, daß ihr jast der Atem ausging und sie sich, einen 
Augenblick innehaltend, an die Seite faßte, als verspürte 
sie da plötzlich Stiche. „Das ist gelungen. Nein, wirk- 
lich gelungen! Ich soll Frau Kaulmann werden ? Das 
müßte Frau Knabe wissen, die würde sich auf die Erde 
legen vor Lachen. Ich, Frau Kaulmann! Na, wenn das 
noch nichts ist, dann gibt es überhaupt nichts Schöneres 
auf der Welt. Ich, einen Arbeiter heiraten, um womöglich 
mehr Prügel und Fußtritte zu bekommen, als Essen und 
Trinken? Nee — ich habe genug davon. Da müßten erst 
die Budiken und der Schnaps nicht mehr sein.“ Sie stand 
auf und drehte sich in ihrer vergnügten Stimmung singend 
im Kreise herum. Ohne daran zu denken, daß sie den Kessel— 
schmied durch jedes Wort, durch jede unschöne Bewegung 
ihres Körpers immer mehr erregen und die rohe Natur 
in ihm mit Gewalt erwecken würde, plapperte sie weiter, 
indem sie wie zur Betonung jedes Wortes langsam in die 
Hände klatschte: „Wenn ich dann Sonntags frei habe — 
schaffe ich mir einen Bräutigam an — lasse mich aus— 
führen — gehe tanzen — sorge für einen neuen Hut — 
kaufe mir Oyrringe — eine schöne Brosche und Halskette — 
dazu Maikäferschuhe und Glacésandschuhe — ätsch, das 
soll eine Freude sein! Wenigstens wird man sich dann ein⸗ 
mal ordentlich satt essen können.“ 
Jetzt sang sie laut ein bekanntes Vorstadtlied: 
„Fritz, bleib hier, du weißt ja nicht, wie's Wetter wird, 
Fritz, bleib hier, du weißt ja nicht, wie's wird., 
Kaulmann erhob sich und trat auf sie zu. Er ver—⸗ 
schränkte ihr die Arme auf dem Rücken und hielt sie fest. 
Du bist ja ein recht nettes Kätzchen,“ sagte er. „Do⸗ hätte
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.