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ausschickte, er feierte heute seinen Geburtstag, und habe
einige liebe Bekannte eingeladen.
Zappel, der kleine Kolporteur, der, auf der Wanderung
begriffen, seinen alten Abstecher zu Zipfel gemacht hatte,
erkannte sogleich den Vizewirt des Rentelschen Hauses
Also der war auf ausdrücklichen Wunsch des Hausbesitzers
gekommen, um sich zu erkundigen, wie die Dinge eigent—
lich lägen? Herr Zipfel erschöpfte sich in freundlichem Ent⸗
gegenkommen, und die Titulatur „Geehrter Herr Doktor“
floß förmlich von seinen Lippen.
Dann überstürzte man sich, die Neugierde des Journa—
listen zu befriedigen. Zipfel führte natürlich das große Wort.
Da seien nun zwei Familien, die mit einem Schlage um
ihre Ernährer gekommen seien. Um Merk tue es ihm
sehr leid, namentlich um der Kinder willen, welche die
besten und anständigsten im ganzen Hause seien. Jakob sei
inmer ein liederlicher und zanksüchtiger Patron gewesen,
der sich den Teufel um seine Familie bekümmert habe.
Wenn die Kinder schon vor ihrem Vater keinen Respekt
mehr hätten, dann sei es weit gekommen. Er wisse über—
haupt nicht, was er nun mit der Familie anfangen solle.
Die Miete hätten sie seit drei Monaten nicht mehr bezahlt,
gestern hätten sie exmittiert werden sollen, weil die Woh—
nung schon anderweitig vermietet sei, aber man habe ihnen
aus Mitleid unten im Keller eine kleine Rammer angewiesen.
Da lägen nun sieben Menschen auf Strohsäcken wie die
Bücklinge neben einander gepackt.
„Sieben Menschen — in einem ganz kleinen, dunklen
Raume — auf nackten Strohsäcken neben einander gepackt,“
sprach der Berichterstatter seines Hauswirts Wort für Wort
halb ächzend nach, indem er den ganzen Satz in sein großes,
ledernes Notizbuch eintrug.
„Schrecklich — grausig — kaum glaublich,“ grunzte er
dann vor sich hin, „man muß das in die Presse bringen.“
Dabei sah er sich nach seinem Neffen Felix um, als müßte
er von diesem die Bestätigung des eben Gesagten erwarten.
Der junge Mensch befand sich in einer kleinlauten Stim⸗