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Serenens Liebling kam seinem würdigen Onkel gerade
recht. Joachimsthal faßte Felix unter und zog ihn mit
sich fort der Stadt zu.
Eine Weile sprachen beide nur abgerissene Sätze, die nie
vollendet wurden, weil Joachimsthal alle Augenblicke
stehen blieb und einer vorübergehenden, von ihm gekannten
Person in den Weg trat, nur um ihr die Hand zu drücken
und sie aus einem ihm selbst unbekannten Grunde, seiner
unausstehlichen Art folgend, aufzuhalten.
Endlich brachte es Felix doch so weit, ihn ganz für sich
zu behalten.
Während fünf Minuten stellte Joachim darüber Be—
trachtungen an, ob es nicht besser wäre, Madame Serenens
Geldschrank abermals in Anspruch zu nehmen, um dadurch
sein Stillschweigen über eine gewisse heikle noch nicht ganz
aufgeklärte Sache wiederum zu verkaufen, als ihm ein⸗
fiel, daß er eigentlich noch zwei höchst wichtige Aufträge zu
erledigen habe. Erstens hatte ihn Herr Rentel, der Wirt
seines Hauses, dem er für das vergangene Quartal noch die
Miete schuldete, gebeten, nach dessen Hause in der Gerichts-
straße zu pilgern, um gründliche Erkundigungen über die
Totschlagsgeschichte, von der man bereits in allen Zei—
tungen Notiz genommen hatte, einzuziehen. Er fühlte sich
umsomehr dazu verpflichtet, als er demnächst die Ver—
lagstätigkeit seines Hauswirtes in Anspruch zu nehmen ge—
dachte.
Zweitens hatte ihn seine Gattin mit der Mission be—
traut, in irgend einem Gesindevermietungs-Bureau ein
neues Hausmädchen zu mieten.
Derartige Geschäfte gehörten nun einmal zu der Bürde,
die Herr Joachimsthal geduldig ertragen mußte. Und
er tat es gern, trug es doch dazu bei, seiner lieben Frau
das Leben so viel als möglich zu verschönen, und sie von
der gemeinen Prosa des Daseins fernzuhalten.
Felix Rosenstiel war nicht abgeneigt, ihn nach dem
Familienhause in der Gerichtsstraße zu begleiten, dessen
Bewohner er aus seiner Tätigkeit bei Onkel Laib nur zu
genau kannte.