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rauhe Luft heute, meine Herren,“ wandte er sich an seine
Umgebung. „Legt sich leicht auf das Gemüt, eine der—
artige Witterung, und macht den Menschen recht mißge⸗
stimmt; tritt gewöhnlich immer Husten und Schnupfen bei
mir ein, a posteriori. Bitte noch um einen kleinen
Pfefferminz, Herr Zipfel, ja?“ Mit einer großen Arm—
bewegung langte er das Glas nach dem Ladentisch
hinüber.
„Habe überhaupt heute einen recht traurigen casus ge⸗
habt, der mich unangenehm berührt hat. Entsinne mich
wirklich nicht, seit den letzten Jahren in meiner Praxis
etwas derartiges aktuiert zu haben.“ Der berühmte Volks⸗
anwalt und Gelegenheitsdichter des Weddingviertels wurde
bereits mit einer Aufmerksamkeit behandelt, die seine ganze
geistige Überlegenheit diesen Arbeitern gegenüber kenn⸗
zeichnete.
„Da bin ich neugierig,“ meinte der Schlosser.
Düstergang machte eine Kunstpause, zog den Sommer—
überzieher so weit wie möglich zusammen und fuhr dann
fort: „Soll da die Rechte einer bedauernswerten, jungen
Mutter vertreten, die unverheiratet von einem vornehmen
Herrn verführt worden ist und todkrank an der Schwind⸗
sucht darniederliegt. Sie wissen, meine Herren, es ist Wilkes
älteste Tochter Klara, hinten im Hof parterre links.“
„Ah“, tönte es am Tisch. Das habe man immer gedacht,
daß da etwas nicht richtig sei.
Dustergang fuhr abermals fort: „Sie geht als Falzerin,
dieses Mädchen, und zwar liegt hier, wie schon erwähnt,
ein ganz eigentümlicher Fall vor. Ich will nichts gesagt
haben, aber eine sonst sehr ehrwürdig aussehende Frau,
die des Abends mit Streichhölzern handelt, spielt eine
Rolle in dieser ganz aktuellen Geschichte. Ich warne Sie,
meine Herren, die Sie Töchter haben. Aber ruhig, ich will
bei Leibe nichts gesagt haben.“
Ludwig Jakob schlug abermals auf den Tisch, dann
brüllte er los: „Ich sage dir, Kaulmann, wenn meine