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Herr Düstergang war in den Kreisen der Armen dieser
Gegend eine wohlgelittene und angesehene Person, die mit
einer riesigen Papierrolle in der Hand von Budike zu
Budike wanderte, vonDestillation zu Destillation, um neue
„Klienten“ zu suchen und bei dieser Gelegenheit dafür zu
sorgen, daß seine Nase immer mehr Ahnlichkeit mit einem
hellstrahlenden Rubin bekomme. Er trug ewig einen hellen,
abgenutzten Sommerpaletot, schwarzen Zylinder und blauen
Regenschirm, den er in den seltensten Fällen aufzuspannen
pflegte, weil das Drahtgestell eine Offnung nicht mehr
zugelassen haben würde.
Einige lateinische Brocken genügten, um jedem
neuen Klienten, der fünfzig Pfennige oder ein Morkstück
an eine Eingabe wenden wollte, gewaltig zu impo—
nieren. „Der „casus“ liegt so,“ sagte er zum Beispiel,
oder „praeter propter“ wäre das so zu machen,“
oder „das ist eine „complication“, die zu denken gibt,
oder „das ist ein „casus belli“, der für die letzte Instanz
reif ist.“
Würdevoll schüttelte er dann sein ergrautes Haupt,
setzte eine riesige Hornbrille auf, holte aus dem umgestülpten
Zylinder die Papierrolle hervor, langte zu gleicher Zeit
nach einem abgenutzten Strafgesetzbuch in der Paletot-
tasche, förderte Feder und Klapptintenfaß an das Tages⸗
licht, und begann sofort seine Arbeit mit der Miene eines
Mannes, der sich seiner ganzen erhabenen Stellung in
soichen Augenolicken bewußt ist.
Am Ende sagte er dann: Ich kann Ihnen versichern, daß
Ihre Sache sich in guten Händen befindet. Ich habe Ihnen
hier praeter propter eine „Konstruktion“ geliefert, die
außerordentlich wirken wird, ich sage Ihnen außerordent⸗
lich. Sollte es dennoch, was ich bona fide durchaus be—
zweifle, nicht wirken, so bitte, benachrichtigen sie mich ge⸗
fälligst davon. Sie kennen doch meinen Namen? Theo—
dor Düstergang, Anwalt und Gelegenheitsdichter, Gerichts
straßze Numero soundso, im Entresol des Vorderhauses.
Sollte ich nicht in meinem Bureau sein, so erhalten Sie