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Fünftes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

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Seite gestanden, um Geld zu Brot von ihm zu verlangen 
Es sei auch keine Milch oben für das Kind. Der lang 
Kesselschmied trieb bei dieser Gelegenheit seine alten Späß 
mit dem Mädchen. Er umfaßte Rosa und drückte sie heim, 
lich, während der Vater den Knochen abnagte. Rosa ge“ 
brauchte denn auch ihr Mundwerk gründlich. 
„Was bilden Sie sich eigentlich ein, Sie lange Latte?“ 
sagte sie und fuhr dann fort: „Ich Ihre Frau werden? 
Sie sind wohl —! Danach habe ich schon ausgesehen! 
Da suche ich mir denn doch einen Bessern aus.“ 
„Was — den Zieraffen, den grünschnäbligen Bengel 
bei Laibs wohl, der dir neulich gerade im Gesicht herum⸗ 
fuhr, als ich eintrat, um meine Uhr zu holen?“ versetzte der 
Kesselschmied dann, und Rosa erwiderte: „Warum nicht? 
Wenn er Geld hat, kann es auch einer vom Stamme Nimm 
sein, sagt die Mutter Knabe immer.“ Im nächsten Augen⸗ 
blick hatte ihr Vater auch schon zum Schlagen ausgeholt, 
so daß seine Tochter zusammenzuckte. „Dieses Mensch!“ 
preßte er hervor. Ehe er sich aber erheben konnte, war 
Rosa bereits zur Tür gesprungen, die nach dem Hof hin— 
aufführte. 
Durch die halbe Offnung rief sie dann zurück: „Das 
Knuffen verbitte ich mir endlich, gib lieber Geld zu Brot!“ 
Vor sich hin aber murmelte sie: „Alter Grobian!“ 
Jakob wollte es mit seiner Tochter nicht verderben. Er 
langte in die Westentasche und holte ein Fünfzigpfennig⸗ 
stück hervor, das er auf den Tisch warf. 
„Das wird mal 'ne Pflanze werden, deine Tochter,“ 
warf Kaulmann dann ein, und lehnte sich mit seinen Ell⸗ 
bogen ungeniert auf den Tisch. 
Um diesen großen, runden Tisch, über welchem das 
riesige, aus Pappe angefertigte Messer mit der Klingel 
schwebte, saßen auch noch andere Gefialten, die schließlich 
als Stammgäste den Ton angaben. Nach und nach griff 
in dem niedrigen Raum eine überlaute, schnapsselige 
Stimmung um sich, die mit ihrem wirren Durcheinander 
von schreienden und streitenden Stimmen vortrefflich zu der
	        
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