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Fünftes Kapitel

Full text: Die Verkommenen (Public Domain)

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„Flora,“ sagte sie, „es geht wirklich nicht mehr. Du 
siehst, ich liege schon, es ist auch die höchste Zeit. Du weißt, 
was bevorsteht, ich bitte dich, bleibe bei mir und besorge 
das Nötige, da in der Schublade liegt das Geld. Die Kinder 
können wohl am besten unten in deiner Wohnung bleiben. 
O, wenn doch Merk erst hier wäre, mir ist so, als wenn er 
heute kommen müßte.“ 
Sie hatte furchtbare Wehen und Schmerzen und stöhnte 
und ächzte laut. 
„Das wird schlimm werden,“ sagte sie dann wieder, 
„ich glaube, ich habe mir gestern wehe getan beim Umlegen 
eines Spindes.“ Sie krümmte sich förmlich, so entsetzlich 
litt sie. „Ja, ja, das kommt davon, wenn man wie ein Last⸗ 
tier sich buckeln muß, wo man eigentlich ruhen und sich 
pflegen sollte. 
Plötzlich schrie sie jämmerlich auf, so daß Flora angst 
und bange wurde. Das würde noch gerade gefehlt haben, 
wenn die Mutter draufginge, wo ein neues Leben be— 
ginnen sollte. 
Die Mäntelnäherin suchte sie zu trösten, dabei wurde 
ihr aber selbst das Herz beklommen. Es war in der Däm— 
merstunde, Flora zündete Licht an und verhing die Fenster 
mit einem alten Schaltuch und einer geflickten Bettdecke. 
Dann mußte Magda, die in der Küche geblieben war, 
Fräulein Dorchen heraufholen. Die kleine Näherin sollte 
die nötige Hilfe holen. 
Bei Zipfel unten ging es um diese Zeit bereits wieder 
laut her. Es war Montag, man hatte zeitig Feierabend 
gemacht und noch soviel Geld in der Tasche, um einen 
hinter die Binde zu gießen. 
An einem Tisch, gegenüber der Schanklade, in eine 
Ecke gedrückt, saß Ludwig Jakob, der sein Teil bereits ge⸗ 
hörig weg hatte und sich auf Kosten seines Schlafburschen 
Kaulmann, der neben ihm saß, ganz vortrefflich gut tat. 
Er hatte eine riesige Karbonade auf seinem Teller und aß 
mit einem Heißhunger, als hätte er seit vier Wochen kein 
Fleisch mehr gesehen. Zweimal bereits hatte Rosa an seiner
	        
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