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Endlich wischte sich das plumpe Ungeheuer den Mund ab,
legte die Serviette beiseite, begann seine Zähne mit dem Zahn-
stocher zu bearbeiten und sagte kurz und bündig: „So, meine
Gnädige, — nun können wir von geschäftlichen Dingen reden.“
„Tun wir das, Herr Kommerzienrat“, entgegnete sie mit
guter Laune und erhob sich zu gleicher Zeit, um damit die Be—
endigung der Tafelei anzudeuten.
Sie schritten eine Weile im Zimmer auf und ab und be—
sprachen gleichgültige Dinge. Jedes von ihnen hatte die Emp—
findung einer sehr unangenehmen Situation und wartete dar—
auf, irgend ein Wort zu vernehmen, welches die Anregung böte,
ihrem Ziele näher zu kommen.
Als der Kommerzienrat in den nebenan liegenden großen
Salon ging, um nach seinem Zigarrenetui zu suchen, benutzte
sie die Gelegenheit, nach dem Mädchen zu klingeln, welches den
Tisch abräumen und den Kaffee in das ehemalige Arbeits—
zimmer ihres verstorbenen Gatten bringen sollte, da sie be—
merkte, daß der Fabrikant durchaus rauchen wollte.
Es war sehr warm in diesem Raum, und da der genossene
Wein das übrige tat, so gerieten sie bald in eine behagliche
Stimmung, während welcher der Kommerzienrat es nicht unter⸗
ließ, in seine Unterhaltung allerlei frivole, Wortspiele einzu—
flechten, die dazu angetan waren, ihr Zartgefühl zu verletzen,
was sie aber als kluge Frau, die einen bestimmten Zweck ver—
folgte, wohlweislich überhörte.
Der Schnee wütete draußen noch immer ungeschwächt
weiter, trieb die großen Flocken gegen die Fensterscheiben und
kämpfte mit seinem fahlen Schein wider die Dämmerung,
welche das Zimmer allmählich zu verdunkeln begann.
Plötzlich erhob sich der Kommerzienrat mit einem jähen
Ruck von seinem Sitz, ließ sich auf das Sofa zur Seite Friedas
nieder, legte seinen Arm um ihre Taille und fragte: „Nun,
wie steht's?“
Sein aufgedunsenes, vom Wein gerötetes Gesicht befand
sich dicht vor dem ihrigen, so daß sein Atem ihre Wangen streifte.
Diese Zudringlichkeit war so plötzlich gekommen, daß sie
sich jihrer nicht zu erwehren vermochte. Würde ein anderer