so schwer gelitten“ — er sah sie an — „und
leiden Sie noch so schwer, so wissen Sie nun:
für was!“
Ihm war, als hatte ihr Blick etwas Verklärtes.
Er mußte es glauben, denn für ihn war Hilde
längst eine Heilige geworden. Und es quälte
ihn nicht, daß er sie leiden sah.
„So soll es bleiben!“ sagte sie zu ihm
und gab ihm die Hand. Und ihr war wirklich
feierlich zumute. — Hier also war ihre Heimat,
auch wenn sie weit draußen unter fremden
Menschen war. Hier lebte sie fort; auch dann
noch, wenn sie längst unter blühender Erde
lag. Keiner sprach ein Wort mehr. Sie nickte
ihm mit einem milden Lächeln zu, und er hob
die Hände und sah, wie sie sanft und leise aus
dem Zimmer glitt. Noch lange sah er ihr nach.
Dann sank er auf die Knie.
Und Hilde ging mit einem Lächeln, das so
zart wie das Rosarot des Himmels war.
Und als sie das Atrium betrat, schmiegte
sie den schlanken Körper fest an die kalten
Steine, streichelte mit ihren zarten Händen die
kahlen Wände und küßte mit heißem Atem
den rauhen Boden.
Langsam ertönten in der Kapelle die breiten
Töne der Orgel. Hundert Knaben sangen, und
ihre hellen Stimmen hallten in dem Vorraum
wider, an dem dämmernd der Abend hing.
Hilde stand aufrecht und lauschte. Ihr war
zumute, als brächte ihr der Gesang, der wie
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