Daß seine Überwindung lediglich von der
Stärke des sittlichen Bewußtseins jedes ein-
zelnen abhängt. Daß dies die einzige Wahr-
heit und seit Sokrates, der sie zuerst aus-
sprach, nicht widerlegt sei.
Hilde war ihm dankbar für die Mühe, die
er sich mit ihr gab.
„Sie haben recht,“ sagte sie, „und dennoch
hat alles, was die da sagen, überhaupt alle
Religionsphilosophie nicht den mindesten Wert.
Übertragen Sie irgendeine dieser Theorien ins
Leben; ich versichere Sie: es stimmt nie.“
Und dann gestand sie ihm den wahren Grund
ihres Jammers. Sie erzählte ihm alles; leiden-
schaftlich und doch ohne Färbung.
„Und Sie lieben ihn noch immer? — Un-
verändert wie damals ?“
Hilde sah ihn groß an. Dann fragte sie er-
staunt:
„Ja, durch was hätte sich das wohl ändern
sollen, da ich mich nicht geändert habe?“
„Dadurch, daß Sie die Unmöglichkeit er-
kannten.“
Hilde griff sich an den Kopf.
„Ja, Liebster, Bester, liebt man denn hier?
Mit dem Kopfe? Mit dem Verstand? Heute
den und morgen, wenn es der Zweck erfordert,
einen andern, und je nach Stimmung und Be-
dürfnis bald leidenschaftlich und bald unter
Vorbehalt? Hat sich denn Ihnen nicht einmal
die Seele erschlossen? Daß Sie es fühlten,
AOI