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II. Teil III.

Full text: Wie Hilde Simon mit Gott und dem Teufel kämpfte / Landsberger, Artur (Public Domain)

Wollen Sie nicht Ihr Korsett ablegen; es wird 
heiß unten, und es wird Sie beschweren.“ 
„Danke, ich vertrage Wärme ausgezeichnet.“ 
Jetzt erst sah Hilde, daß die Comtesse unter 
ihrem schwarzen Mantel ein loses, weites Ge- 
wand aus japanischer Seide trug, in das in 
bunter Folge die obszönsten Bilder gewebt 
waren. 
Draußen auf dem Flur ertönte langgezogen 
ein Blasinstrument, das gequält, dann freudig, 
wie das jüdische Schofar klang. Die Comtesse 
fuhr zusammen. 
„Schnell, schnell!“ rief sie und ihre Stimme 
zitterte vor Erregung, „es beginnt!“ 
Sie nahm Hilde bei der Hand und führte sie 
aus dem Zimmer auf den Flur, auf dem sich 
jetzt hastig viele Menschen drängten. Alle 
eilten nach derselben Richtung. Man stieg eine 
breite Wendeltreppe hinab, chne durch den 
dichten Nebel des Weihrauchs, den die Knaben 
unaufhörlich streuten, wobei sie unverständ- 
liche Gesänge führten, die Stufen zu erkennen. 
Man tastete und schob sich gegenseitig vor- 
wärts. Alle diese Menschen waren bereits mehr 
oder weniger betäubt. Je tiefer man herabstieg, 
um so lauter und heller ertönte das Instrument. 
Durch eine tiefe schmale Tür, an deren Ein- 
gang in Meßgewändern zwei Männer standen, 
die scharlachfarbene Mützen mit Ochsen- 
hörnern auf dem Kopfe trugen, trat man in eine 
unterirdische geräumige Kapelle. Diese Männer 
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