„Aus Überzeugung also, meinen Sie, tritt
selten jemand über?“ fragte Hilde.
Er grinste höhnisch, fast frech.
„Selten? — Den möchte ich sehen. Ja, viel-
leicht in Romanen; aber dann hapert’s auch
immer mit der Begründung.“
„Immer?“ fragte Hilde ernst.
„Na, ich kenne keine Ausnahme. Und wenn
wir ehrlich sind ... schließlich ist der jüdische
Glaube doch wohl der vernünftigste.“
„Und mit der Auffassung sind Sie Christ
geworden ?“
„Warum nicht?“ erwiderte er durchaus nicht
verlegen. „Was hat das mit der "Auffassung
zu tun? — Oder glauben Sie etwa ...“ eir be-
sann sich.
„Was?“ fragte sie kurz.
„Na, an den Blödsinn?“
„Welchen Blödsinn?“
„Na, an Gott?“
„Allerdings!“ sagte sie sehr entschieden und
ärgerte sich, mit diesem Menschen so weit in
ein Gespräch geraten zu sein.
Ironisch fragte er weiter:
„Vielleicht auch an den Sohn — und die
Mutter — und die Tante?“ er vergaß ganz, wo
er war und lachte laut über seinen Witz.
„Allerdings!!“* klang es jetzt fast wie eine
Drohung aus Hildes Mund, „und ich finde,
daß Sie ein ganz minderwertiger Halunke sind
und sich schämen sollten!“
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