„Hilde!“ hauchte er nur; ihr aber war, als
hinge sie in seinen Armen weit über der Erde,
und sie war glücklich und fühlte sich ge-
borgen. Er drückte seinen Mund auf ihre Lider
und eine tiefe Ruhe kam über sie.
So saßen sie lange beieinander. Hand in
Hand. Niemand sprach ein Wort. Aber sie
fühlten die Größe der Stunde und wußten beide,
daß sich jetzt, unabhängig von ihrem Willen,
ihr Schicksal erfüllte.
Als es dunkelte und Hilde sanft und allmäh-
lich ihre Hand, die unbeweglich in seiner lag,
zurückzog, sprach sie noch immer nicht, stand
langsam auf und ging hinaus. Ihre. Seelen
waren eins geworden miteinander. Als habe
sie die heilige Weihe empfangen, so stark
fühlte sie ihre Beziehung zu Gott, dem allein
sie diente und unter dessen Schutz sie nun
stand.
Der Priester saß bis tief in die Nacht und
rührte sich nicht. Er war nicht Herr seiner
Gedanken, die ihn noch einmal durch alle
Kämpfe der letzten Jahre führten. Und alles,
was er durchlebt hatte, wuchs ins Riesenhafte.
Jede Erkenntnis, die anderen ein gütiges Ge-
schick mit in die Wiege gab, zu der er sich erst
mühselig durchringen mußte, bis ihre Gesamt-
heit den großen Bau vollendete, war ein Sieg
gewesen, auf den er stolz sein durfte. Aber
auch sein Herz hatte Opfer gebracht; das Zer-
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