Als Hilde am Nachmittag zu ihm kam, war
sie unruhig und ängstlich, und ihre erste Frage
war:
„Sind Sie verstimmt?“
„Warum sollte ich verstimmt sein ?“ fragte er.
„Nun, mir war der Gedanke, meine Mutter
bei Ihnen zu wissen, unerträglich. Es ist
schlecht von mir. Aber mir ist, als hätten Sie
alle Fenster aufreißen müssen, als sie fort war.“
Und ärgerlich setzte sie hinzu: „Sie gehört
nicht hier herein. Was sucht sie hier!“ — Es
klang fast zornig, als sie jetzt rief: „Das we-
nigstens soll sie mir lassen! Schon daß sie mit
Ihnen gesprochen hat, kränkt mich! — — ja
mehr! es ängstigt mich! — Ja, fühlen Sie
denn nicht, daß sie nicht öfter kommen darf?
Daß sie schlecht ist — daß etwas zurückbleibt
— das klebt in diesem Raume und nicht wieder
herausgeht? — Da saß sie, wo ich sonst sitze,
und ich werde immer daran denken müssen,
wenn ich bei Ihnen bin, — hier, gerade hier, wo
meine neue Welt war, in die sie nie, nie hätte
hineinsehen dürfen.“
Der Priester nahm wie zur Beruhigung ihre
Hand.
„Aber Hilde,“ sagte er, „so seien Sie doch
verständig. Sie wird gewiß nicht wieder-
kommen.“
Aber Hilde erregte sich nur immer mehr.
„Gewiß wird sie!“ widersprach sie. „Oh, Sie
kennen diese Frau nicht! Die läßt nicht nach!
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