ein längst vergessener oder nie geschauter Ver-
wandter Bossos im zehnten oder elften Grade
aufzufinden war, da wurde, sofern er nur adlig
und nicht gerade Versicherungsagent oder
Kellner geworden war, in einem langen
Schreiben, das von verwandtschaftlichen Ge-
fühlen, und zwischen den Zeilen von eventueller
Hilfsbereitschaft sprach, um seine ganz be-
sonders ersehnte Teilnahme gebeten. Die Behr-
sche Verwandtschaft aber und der sonstige
Berliner Anhang wurde immer von neuem ge-
siebt, und bei der letzten Prüfung bestanden
von ehemals dreihundertvierundachtzig, die die
Listen nannten, sechsunddreißig!
Und während hier Übergangene brieflich und
telephonisch anfragten, ob das Ausbleiben der
Einladung: nicht ein Versehen oder gar ein
Fehler der Post sei — und diese Aufdringlich-
keit entschuldigten sie damit, daß sie nicht gern
unhöflich erscheinen möchten, indem sie auf
eine Antwort warten ließen, — lehnten trotz des
Aufwands von Herzlichkeit und Dringlichkeit
viele kurz mit dem Bemerken ab, daß die bei-
gefügte Einladung nebst dem ebenfalls hier bei-
gefügten Begleitschreiben wohl auf ein Ver-
sehen zurückzuführen und daher abzulehnen
sei. Denn Frau Trautes lautes Strebertum er-
regte trotz der Begeisterung und Nachahmung,
die es am Kurfürstendamm fand, doch überall
da, wo man Geschmack und Takt besaß, Übel-
keit und heitern Spott.
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