Hauser fuhr, als er das las, erschreckt zu-
sammen. Wie kam der Bischof auf diesen ent-
setzlichen Gedanken! Er wußte, daß er jedes
Wort wohl wägte, ehe er es aussprach. Wußte
auch, daß sein Rat oft schon zur rechten Zeit
Unheil verhütet hatte. Klang, ohne daß er es
wollte oder nur empfand, aus seinem Briefe
an den Bischof etwas heraus, was berechtigte,
in seinem Verhältnis zu Hilde etwas anderes
als die auf sein Beichtkind verwandte Sorgfalt
eines besorgten Priesters zu sehen? Dann frei-
lich war die Zeit zu ernster Einkehr gekommen;
dann versuchte sich der Teufel nun auch an
ihm, und als Waffe zum Angriff diente ihm
das Opfer, das der Priester — wie er glaubte —
ihm eben erst entrissen hatte.
So sehr er seinen Verstand zu Rate zog, um
sich über seine Gefühle für Hilde klar zu
werden — er fand nichts Positives, was ihn
mit ihr verband. Mit ihrer Auffassung vom
Glauben stimmte er durchaus nicht überein.
Wo war da die Sicherheit, wo jede Norm fehlte;
wo die Gewißheit, daß die Empfindungen, die
bei wankelmütigen Menschen wechseln wie der
Wind, nicht bei der ersten großen Enttäuschung
von einem Extrem ins andere schlugen?
Wenn sie die gleiche Auffassung vom
Glauben also nicht verband, was dann? Ihrem
Sinn für Kunst, der durchaus Veranlagung und
so mehr als bloße Neigung und Verständnis
war, stand er ohne innere Teilnahme gegen-
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